2009/09/04

Was zieht uns zur Musik?



Mich fasziniert die Musik. Und ich weiß, dass es anderen genau so geht. Warum fasziniert uns die Musik? Im Musiklabor widmen wir uns diesen Geheimnissen. Der Begriff 'Musik' wird oft ganz selbstverständlich benutzt, auch wenn nicht jeder darunter dasselbe versteht. Hier gehen wir davon aus, dass Musik mehr umfasst, als mit einigen Worten gesagt werden könnte. Nehmen wir dies als These, spannt sich das Verhältnis von Musik zur Wissenschaft.



Entzieht sich Musik einer wissenschaftlichen Beschreibung?
Dort sind präzise Definitionen erforderlich um das jeweilige Forschungsproblem zu fokussieren. Dabei erfolgt eine Begrenzung, mit der allerdings viel erreicht werden kann. Wissenschaftliche Forschung ermöglichte die Berechnung der Obertöne schwingender Saiten und Luftsäulen. Klangfarben können heute mit der Spektralanalyse untersucht werden. Neben Tonhöhe, Tondauer und Lautstärke gewann die Klangfarbe an Bedeutung. Klangfarben faszinierten schon länger, heute gibt es Menschen, die sich intensiv damit beschäftigen Sounds zu programmieren. Schon die frühen Griechen studierten die Obertöne, sie waren fasziniert von ihren scheinbar einfachen Verhältnissen. Viele waren fasziniert von den Demonstrationen auf dem Monochord. Das das Problem der doch nicht ganz so einfachen Verhältnisse der Obertöne inspirierte viele Mathematiker.

Auch die Stimmung ist bis heute ein faszinierendes Problem geblieben, nicht nur die psychologische, auch die der Musikinstrumente. Das 'temperierte Klavier' steht dabei nur für den minder optimalen Kompromiss.

An der Reduktion von Komplexität orientierte sich auch der Entwickler der Hammond-Orgel. Er nutzte die Berechnung der Obertöne dazu die zu erzeugenden Frequenzen zu reduzieren und verringerte dadurch den Materialeinsatz und das durch die elektromagnetische Tonerzeugung nicht unerhebliche Gewicht. Auch elektronische Musikinstrumente wurden bei zunächst sehr begrenztem Speicherplatz baubar, systematische Begrenzungen ermöglichten hier die Datenreduktion.

Die Grundlagenforschung präzisiert mit Definitionen ihre Forschungsprobleme. Da die Begrenzung begrenzt, sind auch die Einsatzmöglichkeiten von Definitionen begrenzt, und auch das, was unter Musik verstanden wird, unterscheidet sich immer wieder von den verschiedenen Definitionen der Musik. Doch das ist ein Problem der Forschungsmethodologie, jedoch keineswegs ein Problem der Musik.

Musik als unabhängig wahrnehmbares Phänomen
Der Hörgenuss einer musikalischen Darbietung steht meist vor der verbalen Musikkritik, am Anfang steht dann nicht das Wort.

Musik ist ein wahrnehmbares Phänomen. Sie ist mit beschränkten Formulierungen nur ungenügend begreifbar. Musik weist elegant über ein wissenschaftliches Verständnis hinaus, reflektiert, unreflektiert vermag sie den Hörer abzulenken von seiner mit mehr oder weniger mit logischen Verknüpfungen konstruierten Rationalität. Sie kann auch genutzt werden gegen Trübsinn und Grübeln.



Musizieren und Tanzen ermöglichen, entsprechend geübt, wertvolle persönlichkeitsbildende Lernprozesse. "Musizieren verfeinert die Wahrnehmung des emotional belebten Körpers; es entwickelt und diszipliniert in unendlicher Differenziertheit körpersprachliche Potentiale." (1)

Musik und Kunst



Musik bietet einen über die an Objektivität orientierte Wissenschaft hinausgehenden subjektiven Zugang zur Person, zur Individualität, eben zum Besonderen. Als Kunst zieht die Musik uns in ihren Bann. Doch warum zieht die Kunst uns an?

RIM-Therapie und RIM-Pädagogik
Etwas zu analysieren ist eines, etwas zusammenzusetzen ist etwas anderes; der Mensch verfügt über beide Fähigkeiten, auch wenn er es sich manchmal nicht eingestehen möchte. Die Kunst besteht darin die eigenen analytischen und die synthetischen Fähigkeiten vernünftig zu nutzen. Wir wissen heute bereits viel über die körperliche Verarbeitung von Sinnesreizen und über Zusammenhänge von Wahrnehmung und Bewegung. Die Ergebnisse der Gehirnforschung werden seit Jahren auch in der breiteren Bevölkerung mit Interesse wahrgenommen. Doch beim 'analytischen Menschen' löst der Begriff 'ganzheitlich' trotz Neuroforschung oft weiterhin noch zu viele negative Assoziationen aus und der Musik, die immer auch den Körper anspricht, wird oft entsprechend schwach begegnet.
In der RIM-Therapie wird das integrative Bildungspotential genutzt, analytische und synthetische Fähigkeiten werden gefördert. Sowohl RIM-Therapie, wie RIM-Pädagogik sind ressourcenorientiert und integrativ und multimodal. Musik und Tanz erhalten bei der RIM-Konzeption einen besonderen Stellenwert.

Musik wirkt













Sonst blieben Konzerte ohne Publikum. Auch der Einsatz von Filmmusik würde sich erübrigen. Die Filmindustrie erarbeitet ihre Gewinne nicht mit dem Stummfilm.

Entdeckerfreude und Perspektivenmodulation
Zur Musik gibt es unterschiedliche Zugänge: „Als Künstler habe ich immer versucht, meinen Träumen Gestalt zu verleihen und einer trostlosen Wirklichkeit zu entfliehen.“
Yusuf Islam, vormals Cat Stevens (2)
Die Auseinandersetzung mit Musik kann dazu genutzt werden, die eigene Perspektive zu verändern.
"Es geht darum sich die Freiheit zu nehmen, das zu tun, was man kann.“ Sven Regener (Element of Crime) (3)
Eine ganz andere Perspektive vertrat der Komponist Paul Hindemith:
"Der primitive, seiner Gemütsstimmung unmittelbaren Ausdruck gebende Musikant wird dabei auf ein genaues Festhalten der Tonabstände zunächst keinen Wert legen; erst die mit vermehrter Übung eintretende Erweiterung des Wissens und der künstlerischen Ansprüche wird das Bedürfnis wachrufen, Ordnung in das wildwuchernde Gestrüpp der Töne zu bringen." (4)
Wer sich mit Musik beschäftigt, entdeckt oft spannende Zusammenhänge. Dazu gilt es sich auf die Sache einzulassen.
Im Labor der Musik stößt der Künstler auf den Forscher. Der Tontechniker und Musikjournalist Hannes Bieger versteht Musik als eine Sprache, die man lernen kann und die einfach aus gewissen Bausteinen besteht. Vor diesem Hintergrund befragte Bieger den Musiker Tommi Eckart (2raumwohnung), der entgegnete:
„Ich glaube, was man letztlich schaffen will, sind eigene Stimmungsbilder von dem, was man fühlt und was man empfindet und wo man mit Leib und Seele drin aufgeht.“ (5)

Kommunikationstraining mit Musik
Heute werden die Methoden des Musikunterrichts auch außerhalb des Musikunterrichts eingesetzt, zum Beispiel wenn es darum geht effektiv und effizient zu kommunizieren. Und das die Bedeutung der musikalischen Komponenten für die Kommunikation bekannt ist, wird daran deutlich, dass Bücher mit Methoden der Musik bereits über Wirtschaftsverlage veröffentlicht werden. (6)

Quellen/Literatur:
(1) Mahlert, Ulrich (2007) Was ist Üben? In: Mahlert, Ulrich (hrsg) Handbuch Üben. Grundlagen - Konzepte - Methoden. 2. Aufl. Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, S. 27.
(2) Böckem, Jörg (2009) Befragung von Yusuf Islam für: Ich habe einen Traum, ZEITMAGAZIN Nr. 36, 27.8.2009.
(3) Stephan Lebert (2009) Das Rock-n’Roll-Virus kriegt man nicht mehr weg. In: So schön ist Berlin. ZEITMAGAZIN Nr. 36,
27.8.2009, S. 26-30.
(4) Hindemith, Paul (1937/1940) Unterweisung im Tonsatz. (I Theoretischer Teil). Mainz: Schott.
(5) Bieger, Hannes (2009) Produktreport 2raumwohnung – Lasso. In: Sound & Recording 09/09, S. 26-30.
(6) Amon, Ingrid (2000) Die Macht der Stimme. Persönlichkeit durch Klang, Volumen und Dynamik, 2. Aufl., Frankfurt: Wirtschaftsverlag Carl Ueberreuter.

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