2006/03/05

Ehrenamtliches Engagement in der Psychiatrie

"Unsere sozialen und gesundheitlichen Sicherungssysteme stehen unter einem ständig zunehmenden Druck, ihre Leistungen immer wirtschaftlicher zu erbringen. Der steigende Effizienzdruck begrenzt die Möglichkeiten professioneller Hilfe mehr und mehr auf das unbedingt Notwendige. Zeit wird zunehmend zu einem knappen Gut, zum Kostenfaktor. Gerade Menschen in psychischen Krisen benötigen jedoch viel Zeit. Zeit für persönliche Gespräche, Zeit, um wieder Zuwendung und soziale Begegnung zu erfahren und annehmen zu können." (Kukla und van Brederode, 2006, 6)

"Eine besondere Form der ehrenamtlichen Hilfe bietet die Selbsthilfe. Anders als der Begriff nahe legt, geht es bei der Selbsthilfe nicht einfach darum, sich selbst zu helfen. Selbsthilfe bedeutet vielmehr vorrangig, anderen zu helfen, die den gleichen oder ähnlichen Problemen ausgesetzt sind, denen man selbst ausgesetzt ist, und sich im Prozess der gegenseitigen Hilfe zu stabilisieren." (Kukla und van Brederode, 2006 6f.)

Beispiele für die sich in Deutschland entwickelnden neuen Formen der Selbsthilfe sind etwa:

- die Selbsthilfe psychisch kranker Menschen
- die organisierten Angehörigengruppen
- Selbsthilfeinitiativen Psychiatrie-Erfahrener

"Mit Blick auf die aktuellen und absehbaren gesellschaftlichen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass die ehrenamtliche Initiative in sozialen und kulturellen Feldern in unserer Gesellschaft in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird. Einerseits kommt bürgerschaftlichem Engagement eine Schlüsselfunktion zu, wenn es darum geht, den gesellschaftlichen und demographischen Wandel zu bewältigen: den zunehmenden Anteil alter Menschen, die weiterhin steigende Zahl an Personen, die psychisch erkranken und die voraussehbar weiterhin wachsende Finanznot der sozialen Sicherungssysteme. Andererseits befinden sich die modernen Gesellschaften in einer historischen Situation, die ein zunehmendes Potenzial für ehrenamtliches Engagement freisetzt. So scheiden viele junge Menschen relativ jung aus dem aktiven Berufsleben aus und sind dank guter Gesundheit und einer ausreichenden Sicherung ihrer Lebensgrundlagen in der Lage versetzt, sich ehrenamtlich zu engagieren." (Kukla und van Brederode, 2006, 7)

Vom Landschaftsverband Rheinland unterstützte Initiativen leisten u. a. folgende Hilfen für psychisch kranke Menschen:

"- Durch persönliche Betreuung und Unterstützung bei alltäglichen Verrichtungen, etwa durch
die Begleitung bei Arzt- und Behördenbesuchen oder Einkäufen.
- Durch Besuchsdienst am Wohnort, in Heimen oder Krankenhäusern.
- Durch unterschiedliche Gruppen- und Freizeitangebote, die den Betroffenen soziale Kontakte,
Freizeitaktivitäten und die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglichen.
- Durch Informations-, Beratungs- und Gesprächsangebote für psychisch kranke Menschen
und ihre Angehörigen.
- Und nicht zuletzt durch Öffentlichkeits- und Informationsarbeit."
(Kukla und van Brederode, 2006, 7)

Mehr über Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeangebote und erweiterte Möglichkeiten zur Selbsthilfe erfahren Sie in den regional zuständigen Sozialpsychiatrischen Zentren.

Quelle:
Kukla, Rainer; van Brederode, Michael (2006) Ehrenamtliches Engagement als Säule psychiatrischer Hilfen. In: Landschaftsverband Rheinland Dezernat Gesundheit / Heilpädagogische Netzwerke (2006) Engagement. Ehrenamtliche Initiativen in der Psychiatrie. Köln: LVR

Landschaftsverband Rheinland: www.lvr.de

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