2006/01/21

Pädagogik benötigt adäquate Rahmenbedingungen

Auf der Titelseite der WAZ liest sich am 21.01.2006 unter dem Titel 'Unis im Ruhrgebiet gehen leer aus': "... Unter den zehn Hochschulen in Deutschland, die gute Chancen haben, als Elite-Universität hohe Fördermittel zu bekommen, ist keine Revier-Uni. ..." dpa

Und wenige Seiten später müssen wir im Wirtschaftsteil den Bericht von Heinz-Dieter Schäfer lesen, nach dem die Arge für den Kreis Recklinghausen nur 25,4 Millionen Euro von den vom Bund bereitgestellten 53 Millionen Euro eingesetzt habe. Anderen Städten im Revier sei es ähnlich gegangen, heißt es dann und weitere entsprechende Zahlen werden von Heinz-Dieter Schäfer vorgelegt. Hier der Beginn:
"Harz-IV-Mittel nicht einmal zur Hälfte ausgegeben.
Budgets im Revier kaum ausgeschöpft
Ruhrgebiet.
Nicht einmal die Hälfte des Etats zur Qualifizierung Langzeitarbeitsloser ist im vergangenen Jahr von den Arbeitsgemeinschaften (Argen) im Revier in Anspruch genommen worden. Das berichtet Hartmut Hausschild, Direktor der Agentur für Arbeit und Vorsitzender der Trägerversammlung der "Arge Vestische Arbeit" in Recklinghausen. ..." (WAZ, Velberter Zeitung, 21.01.2005, Wirtschaftsteil)

Der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt reagierte anscheinend zeitgleich, so dass die WAZ noch am selben Tag Hundts Klage über den 'Ökonomischen Analphabetismus in Deutschland' auf die Titelseite setzen konnte.

Mir geben solche scheinbar zusammenhanglosen Überschneidungen doch sehr zu denken, insbesondere wenn ich mich frage:

"Was nützt die ganze nachträgliche Pädagogik, was hilft effektive und effiziente Arbeit auf dieser Seite, wenn andererseits die zentralen Steuerungsebenen ungenügend funktionieren?"

Die Thesen, dass Arbeitslosigkeit krank macht und dass eine stark verminderte Bildung die Chancen der Arbeitslosigkeit erhöhen, wurden bereits ausreichend diskutiert. (vgl. meinen Beitrag zum öffentlichen Diskurs über die Armut in Deutschland hier im Musiklabor).

Damit Pädagogik und Therapie greifen kann, benötigen wir strukturelle Rahmenbedingungen, die in sich stimmig sind.

Angesichts nur schwer verständlicher Zustände, hilft mir heute vielleicht ein ironischer Tonfall:

Nun werden diese Rahmenbedingungen auf der Steuerungsebene nicht auf einer Ebene unterhalb der so genannten Elite gesteuert. Und angesichts der aktuell bereits wieder angeheizten Diskussion um die Finanzverschiebung ins Out (Elitenförderung) muss ich mir immer wieder eines vergegenwärtigen:

Wenn die Elite nicht rechtzeitig rechnen und entsprechend handeln kann, werden Unternehmen - und dazu seien hier auch die Öffentlichen gerechnet - schneller versanden, als nicht nur uns, den im Gesundheitssystem Tätigen, lieb und angenehm ist.

Allerdings können wir nicht mit dem Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hund weitere 20 Jahre warten, bis die Steuerungsebene kompetent besetzt werden kann.

Gerd Fierus
Diplom-Sozialarbeiter, dipl. Musiktherapeut

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