2005/12/08

chinesische Philosophie: Dschuang Dsi

Der Übersetzer Richard Wilhelm hatte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in besonderer Weise und mit Respekt mit dem chinesischen Philosophen Dschuang Dsi auseinandergesetzt:

"Sein Leben war vorzugsweise innerlich, doch war er weit entfernt, als Eremit oder Sonderling der Welt zu entfliehen. Er war verheiratet, und über das Verhältnis zu seiner Frau sind mancherlei Sagen im Umlauf. ... Da er keinen Wert darauf legte, als Fürstenknecht sein Brot zu verdienen ... , herrschten offenbar in seiner Familie recht dürftige Verhältnisse; doch war diese Misere des Lebens nicht imstande, seine Gelassenheit zu beeinträchtigen. Sein lebhafter Geist wußte den Verkehr mit ebenbürtigen Gegnern zu schätzen." (Wilhelm, 2002, 7f.)

"Was Dschuang Tsi seine Besonderheit verleiht, sind sowohl seine Anschauungen, als auch die Lebhaftigkeit seines Geistes, die Schärfe seines Denkens, der Umfang seines Wissens. Was bei Laotse in orakelhaften Sprüchen eines alten Sehers vor uns tritt, nimmt bei Dschuang Tsi wissenschaftliche Formen an, und die Beschäftigung mit den vielen philosophischen Zeitrichtungen hat ihn in seinem Einheitsstreben zu erkenntniskritischen Ergebnissen geführt, die dauernden Wert beanspruchen, gerade dadurch, daß sie die Grenzen möglicher Erkenntnis in seiner unfaßbaren Wirklichkeit umso klarer heraustreten lassen. Das schwierige zweite Buch ist in diesem Sinne ein klassisches Werk der Erkenntnistheorie." (Wilhelm, 2002, 10f.)

Tatsächlich erscheint das Werk dieses alten chinesischen Philosophen auch heute noch ausgesprochen lesenswert. Dies gilt insbesondere für die Übersetzung von Richard Wilhelm, die sowohl wissenschaftlich zu kommentieren, wie auch stilistisch zu beeindrucken versteht.
Im Musiklabor blicken wir natürlich vor allem auf das Verständnis der Musik bei Dschuang Dsi. Dazu lassen wir wieder den kommentierenden Übersetzer zu Wort kommen:

"Natürlich ist diese alte Musik von unserer durchaus verschieden. Sie ist nicht nur Musik im engeren Sinne, sondern bildet mit Tanzrhythmen und Körperwendungen der Tänzer einen zusammenhängenden Organismus. Sie ist gewissermaßen verwandt mit dem Zauber; denn im Maße des Rhythmus und Tons fängt sie die Geheimnisse der Welt ein und bringt sie zum Ausdruck. Die Musik ist hier noch nicht losgelöst vom Mutterboden der Magie. Daher auch die ungeheuer starken psychischen Wirkungen. In der musischen Kunst dringt das Überpersönliche auf die Seele des Menschen ein und löst das Ichbewußtsein in unsagbarem Empfinden des Weltzusammenhangs auf." (Wilhelm, 2002, 155)

Empfehlung des Musiklabors: Als Lesart für dieses Buch ist ein vertieftes reflektierendes Studium gefragt. Mit dem Einüben dieser Verhaltensweise kann möglicherweise allzu große Hektik und Überdrehtheit gemindert und das Nervensystem sinnvoll angeregt werden. Darüber hinaus eröffnet das Buch beeindruckende Einblicke in die chinesischen Philosophie der Zeit um ca. 370 bis 324 v. Chr.).

Objekt der Erörterung: Wilhelm, Richard (2002) Dschuang Dsi. Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Übersetzt von Richard Wilhelm. 1. Auflage: 1912, Kreuzlingen/München: Hugendubel. Diederichs gelbe Reihe; 172: China.

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