In Zusammenarbeit der Folkwang Musikschule mit der AOK-Gesundheitskasse erfolgte gegen Ende des letzten Jahrtausends das Projekt ’Der Körper als Instrument – Die Körperhaltung im Zusammenhang mit dem Musizieren’. Die drei Bewegungspädagoginnen Bärbel Ehrig, Elisabeth Marschner und Ulrike Mauksch beobachteten in diesem Projekt Kinder in drei Altersstufen. Im Zentrum der Beobachtung standen: 1. Haltung, 2. Körperwahrnehmung und 3. Zusammenspiel von Körperhaltung und Instrument während des Instrumentalunterrichts. Die Erfahrungen in diesem Projekt flossen in eine Fortbildung für alle MusiklehrerInnen der renommierten Folkwang Musikschule und wurden in einem Buch aufgearbeitet und damit einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.
Zur Verdeutlichung der RIM-Konzeption werden wir uns den zentralen Aspekten dieser Veröffentlichung widmen.
Im Beitrag von Sabine Koeser lassen sich drei Fragestellungen herausarbeiten:
1. Wie ist der Zusammenhang zwischen eingeschliffenen motorischen Abläufen und einer flachen musikalischen Ausdrucksweise?
2. Wie ist die Kontaktaufnahme einer Person zu sich selbst (zum eigenen Körper)?
3. Wie ist der Kontakt des Körpers zum Instrument?
Nach Sabine Koeser lässt sich die Gesetzmäßigkeit des Körpers nicht in ein allgemeines technisches Muster zwingen. Also müsse das musizierende Individuum betrachtet werden. (Die Betonung auf das Individuum kann als Verweis auf den ‚konkreten Menschen’ interpretiert werden.) „Die individuelle Bewegungserfahrung ist entscheidend, um die für den einzelnen Menschen richtige Bewegung und damit auch Technik zu finden.“ (Koeser, 1997, 11)
Sabine Koeser betont, dass die musikalische Ausbildung am Instrument mit der körperlichen Ausbildung parallel laufe und dass die Kopplung zwischen dem Hören und dem Fühlen als eine wichtige Voraussetzung gelte. Zusätzlich weist Koeser darauf hin, dass das Hören einen engen Bezug zur Tonproduktion hat und das Fühlen in Zusammenhang mit dem steht, was der Körper dabei tut. (vgl. a.a.O.)
Unter der bezeichnenden Überschrift ‚Bewegungspädagogik, eine neue Disziplin?’ erklärt Susanne Koeser: “Oberstes Ziel und damit grundlegendes Prinzip der Bewegungspädagogen ist, nicht am Symptom zu arbeiten, sondern aufgrund der Wirkungszusammenhänge im gesamten Körper nach Korrespondenzen zu suchen und sich mittelbar den Fehlorganisationen des Körpers zu nähern. Der Körper lernt über das Nachspüren die Empfindung von Bewegung, Spannung, Berührung und Geschwindigkeit. Der Körper muß suchen und Fragen stellen.“ (a.a.O.)
Dabei gibt sich Sabine Koeser überzeugt (vgl. Koeser, 1997,11):
1. Schüler, die sich ganz (mit Körper und Geist) einbringen, haben es leichter, „Vorgänge und Zusammenhänge zu durchschauen, eventuell vorhandene Starren aufzulösen und damit präventiv zu handeln.“ (a.a.O.)
2. “Der Körper eines so erzogenen Menschen ist durchlässiger, hat weniger Blockaden und Verspannungen.“ (a.a.O.)
So ist nach Sabine Koeser der Blick des Instrumentalpädagogen für den Körper seines Instrumentalschülers zu stärken und die ‚Individualität der biographischen Besonderheit’ jedes einzelnen Schülers zu berücksichtigen.
Sabine Koeser bezieht sich explizit auf Überlegungen von Dore Jacobs zur ’musikalischen Schwingungsfähigkeit’. Dore Jacobs war eine Schülerin von Jacques Dalcroze.
Die oben kurz skizzierte Bewegungspädagogik von Sabine Koeser ermöglicht es, zwei wichtige Aspekt der RIM-Pädagogik aufzuzeigen:
1. Wenn Sabine Koeser die Kopplung zwischen Hören und Fühlen akzentuiert, geht es nicht um irgendeine schwammige oder beliebige Verwendung des Integrationsbegriffs. Im Gegenteil, hier geht es ganz konkret darum, die Sinnesmodalitäten Hören und Fühlen zu integrieren.
Das ist auch genau das, was in der RIM-Pädagogik unter dem Aspekt des Multimodalen (M) verstanden werden soll: Die Integration unterschiedlicher Sinneskanäle.
2. Der Ansatz von Sabine Koeser erscheint deshalb in hohem Maße ressourcenorientiert (R), weil er eben nicht am pathologischen Symptom verhaftet ist bzw. dabei stehen bleibt, sondern sich in seiner Intention vor allem auf die Entwicklung und Ausbildung von Fähigkeiten konzentriert.
Im Konzept der RIM-Pädagogik nach Gerd Fierus sind Fähigkeiten unter den Ressourcen zu subsumieren.
In der Bewegungspädagogik nach Koeser wird beobachtet, welche Bewegungsabläufe zwar eingeschliffen, jedoch von körperlicher Fehlorganisation gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zu rein bzw. bloß diagnostischen Verfahren geht es jedoch vor allem darum, etwaig diagnostizierte Fehlorganisationen tatsächlich durch angemessene Übungen zu korrigieren. Der diagnostische Prozess ist also vielmehr Mittel zum Zweck, als bloßer Selbstzweck, denn die Diagnose ist nur Bestandteil einer Perspektive, die die zu erwerbende Fähigkeit (Ressource) in das Zentrum der Aufmerksamkeit stellt und dabei dennoch die Störung bzw. das Problem nicht ignoriert. Letzteres wird deutlich, wenn Sabine Koeser erklärt, dass es dem Bewegungspädagogen darum gehe, den Blick des Instrumentalpädagogen für den ’ungestimmten Körper’ seines Instrumentalschülers zu stärken. (vgl. Koeser, 1997, 12)
Mit dem Fokus auf stimmige Bewegungen und der bewussten Arbeit hin zu einer ’musikalischen Schwingungsfähigkeit’ genießen nach meiner Lesart aber vor allem die Bemühungen um ein verbessertes Bewegungsrepertoire und somit um eine Ressourcenerhöhung Priorität in der Koeser’schen Bewegungspädagogik.
Quelle: Koeser, Sabine (1997) Bewegungspädagogik, eine neue Disziplin? In: Koeser, Sabine (Hrsg.), Ehrig, Bärbel; Marschner, Elisabeth (1997) Das musikalische Leben im Körper. Essen: Die Blaue Eule, S. 9-14)
2005/12/15
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