2012/11/24

Mozart & Science 2012
Bericht über den 4. internationalen Kongress zur interdisziplinären Musikwirkungsforschung


Der 4. Internationaler Kongress der interdisziplinären Muskwirkungsforschung tagte vom 8. - 11. November 2012


Den Festvortrag zur Eröffnung von Mozart & Science 2012 hielt Prof. Julian F. Thayer, PhD von der Ohio State University, USA. Prof. Thayer und seine Freunde beendeten die Veranstaltung im Klangraum der Minoritenkirche Krems mit einem wunderbaren Jazz-Konzert, so dass mehrere Zugaben eingefordert wurden und der Tag mit glücklichen Gesichtern endete.


Programm Mozart & Science 2012:
  1. Update: Neues aus Forschung im Bereich der Musik
  2. Workshops: Erfahrung im Fokus
  3. Kulturen der Forschung: Wirkungsnachweise und ihr Sinn - Systeme der Bewertung
  4. Kulturen der Vermittlung: Menschenbilder in Praxis und Lehre - Wissensmanagement und Wissensverwertung
  5. Workshops: Forschung im Brennpunkt
  6. Kulturen und Musik: Musikrezeption im kulturellen und biografischen Kontext
  7. Abschlussdiskussion: Kulturen - Werte - Gesundheitssysteme



Vorträge am 8. 11. 2012, 9:00 -12:00 Uhr (1. Update)

Die Musiktherapeutin Dr. Suzanne B. Hanser vom Berklee Collage of Music, Boston, USA, berichtetet von der Herausforderung in der Musiktherapie innovative Ansätze zu finden und so abzustimmen, dass sie den jeweiligen Forschungszielen am besten entsprechen. Dr. Hanser erläuterte die Studie 'Music Assisted Relaxation & Imagery' und demonstrierte beispielhaft ihre musiktherapeutische Arbeit. Nach einem kleinen Konzert auf einer Flöte stellte die Therapeutin Fragen wie: "Spüren Sie etwas in Ihrem Körper? ... Sind Bilder aufgetaucht?" Im Umgang mit den Antworten der Kongressteilnehmer demonstrierte Dr. Hanser die Art und Weise eines musiktherapeutischen Dialogs.

Prof. Cheryl Dileo vom Arts and Quality of Life Research Center der Temple University in Philadelphia, USA sprach über Prävention, Rehabilitation und Sterbebegleitung und präsentierte im Vortrag 'Wie heilt man ein gebrochenes Herz?' Forschungsergebnisse von Musiktherapie bei kardiologischen Patienten. Hier wurde aktiv und passiv gearbeitet, die Musiktherapie am Krankenbett konzentrierte sich auf die Bedürfnisse der Patienten und führte zu positiven Ergebnissen wie verringerte Schmerzen und weniger Unruhe.

Prof. Jane Edwards von der Music & Health Research Group der University of Limerick, Ireland, sprach über neue Ergebnisse zum Thema Lärm im Krankenhaus und über Implikationen für eine Gesundheitsreform und definierte Lärm als Schall, der nicht wünschenswert ist. Edwards brachte Forschungsergebnisse aus unterschiedlichen Ländern mit, die zeigten dass sich Lärm in Krankenhäusern ganz massiv auf Schlaf, Kommunikationserleben und Stresserleben von Patienten auswirken und dass auch bis zu 30 % der befragten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Gesundheitsbereich angaben, dass Lärm zum Stress am Arbeitsplatz beiträgt. Prof. Edwards berichtete über ihre Kampagne gegen den Lärm im Gesundheitssystem und inwieweit sich diese Erkenntnisse bereits in veränderten Leitlinien und in der Praxis von Krankenhäusern im Vereinigten Königreich und in Irland niedergeschlagen haben.

Die Teilnehmer der Konferenz wurden aufgefordert auch in ihren Ländern etwas für die Lärmreduzierung zu tun, denn es gibt noch viel zu tun. So kann Trittschall durch Bodenbeläge reduziert werden, auf Schalldämmung an Wänden und Decken geachtet werden. Der Aspekt Lärm sollte bereits auch bei Neubauten stärker berücksichtigt werden, so dass Lärmschutz bereits bei der Planung stärker berücksichtigt wird (Lokalisierung des Helikopterlandeplatzes, Lärmreduktion auf den Krankenstationen, auf der  Intensivstation etc.) Edwards zeigte auch auf, wie mit relativ wenig Aufwand, etwa mit Ohrenstöpsel für Intensivpatienten Lärm im Krankenhaus reduziert werden kann.   Die World Health Organisation (WHO) fordere längst Night Noise Guidelines for Europe und es gäbe bereits sehr gute Apps, die Lärmmessungen durchführen können.

Vera Brandes, Forschungsprogramm Musikmedizin, Wien;  Paracelsus Medizinische Privatuniversität Sazburg, präsentierte neue Forschungsergebnisse aus der Chronobiologie. Die Frage der Regulationsfähigkeit unseres Körpers sei eine Frage der Gesundheit. Mit einem Video zeigte Brandes, dass wir diese Fähigkeit zur Selbstregulation bereits von unseren Müttern lernen und dass  stillende Mütter über ein intuitives Wissen verfügen, mit welcher akustischen und rhythmischen Stimulation sie in angemessener Weise mit ihren Kindern umgehen. Darüber können Kinder lernen, sich selbst in ihren chronobiologischen Rhythmen zu stabilisieren. Vera Brandes lernte von Franz Halberg, dem inzwischen 95-jährigen Begründer der Chronobiologie, dass wir unsere Rhythmen nicht nur in menschlichen Beziehungen stabilisieren, sondern dass die gesamte Umwelt unsere Rhythmen beeinflusst. Bereits 1957 führte Franz Halberg Experimente durch, in denen Mäuse mit Lärm konfrontiert wurden, eine Gruppe um Mitternacht, eine andere gegen 12:00 Uhr mittags. Halbergs Experimente ergaben eine signifikant höhere Mortalität bei den Mäusen fest, die in der Nacht mit Lärm attackiert wurden, wogegen die Mäuse, die tagsüber mit Lärm attackiert wurden weitgehend überlebten. Vor diesem Hintergrund ist für Vera Brandes auch der Zeitpunkt der Applikation von Musik von Bedeutung. in ihren Studien wurden Patienten mit hohem Blutdruck zu ausgewählten Zeiten mit Musik beschallt, wodurch eine verbesserte Herzfrequenzvariabilität erreicht werden konnte,  auch bei Studien mit depressiven Patienten konnten mit Musik positive Effekte erzielt werden. Insgesamt könne an der Schnittstelle zwischen Physiologie und Psychologie sehr wirksam eingegriffen werden. Der Tag-Nacht-Rhythmus ist wichtig. Wird die Abfolge von Licht und Dunkelheit gestört, wirkt sich das ungünstig auf circadiane Rhythmen aus. In einer Studie konnten circadiane Rhythmen wieder im Körper stabilisiert werden mittels systematischer Interventionen, bei denen 27 mal eine halbe Stunde Musik gehört wurde. Dabei seien die flexiblen Rhythmen einer lebendigen Musik von besonderer Bedeutung. Vera Brandes sagt, dass wir mit Musik ein phantastisches Gegengift gegen die die starren Rhythmen unser technischen Welt haben und dass unser Körper von der Elastizität dieser Rhythmen abhängig sei.                  



Vorträge am 9. 11. 2012, 9:00 -12:00 Uhr (3. Kulturen der Forschung: Wirkungsnachweise und ihr Sinn - Systeme der Bewertung)

Petra Kern, Music Therapy Consulting, Santa Barbara, USA, eröffnete ihren Vortrag mit drei Gründen für Evidenz in Medizin, Psychologie und in der frühen Kindheit und mit einer Definition, was unter 'Best Available Research Evidence' zu verstehen sei. Die beste verfügbare Evidenz berücksichtige die klinischen Faktoren, die auf dem Patienten zugeschnitten sind, aber auch die etablierte Praxis sowie die erwünschten Praktiken. Wie können wir the vest available research evidence erreichen? Hierzu stellte Petra Kern das 'Connect 5 Step Learning Cycle' TM vor:
1.) Dilemma, 2.) die richtige Frage stellen, 3.) Evaluation der Evidenz, 4.) die eigentliche Entscheidungsfindung, 5.) Evaluation der Evaluierung. Das ganze wurde mit einem Beispiel für die Entwicklung einer musiktherapeutischen Interventionen für einen authistischen 4-Jährigen mit ADS-Störung vorgestellt. Die Entscheidungen für die musiktherapeutischen Interventionen basierten auf den Ergebnissen aktueller Studien, was Petra Kern in ihrem Vortrag in hervorragender Weise  herausgearbeitet hatte.

Gerald Gartlehner, Donau Universität Krems, Österreich beantwortete die Frage, warum wir evidenzbasierte Entscheidungen brauchen, damit, dass die traditionelle Weitergabe von Behandlungsstrategien zwar viele Jahrzehnte mehr oder weniger unreflektioniert funktioniert habe. Jedoch sei diese traditionelle Wissensweitergabe in den 90er Jahren zunehmend in Zweifel gezogen worden, da eine enorme Variabilität in der Behandlung festgestellt und dabei regionale Zusammenhänge erkannt worden sind. Diese Unterschiede in der Behandlung waren nicht mehr wissenschaftlich ableitbar. Stattdessen hatten sich offenbar regional sehr unterschiedliche Behandlungsmethoden entwickelt. Von Chef- und Oberärzten wurden Behandlungsmethoden beispielsweise im System des Akademischen Lehrkrankenhauses schlicht und einfach weitergegeben, an einer systematischen wissenschaftlichen Hinterfragung mangelte es jedoch sehr oft.
Doch nicht nur im klinischen, ärztlichen Bereich wurden Entscheidungen nicht immer optimal getroffen, sagt Gartlehner, der bei Ratgebern der Kindererziehung ähnliche Phänomene identifizierte.  In einem Ratgeber hieß es zum Beispiel, dass Babys nicht auf dem Rücken schlafen sollen, da sie sich erbrechen und daran ersticken könnten. Dieser Rat sei dann von Generation zu Generation, von Kinderarzt zu Kinderarzt weitergegeben worden ohne jemals evaluiert zu werden. Später stellte sich  heraus, dass Kinder, die auf dem Bauch schlafen, zweimal öfter sterben als die Rückenschläfer und damit wandelte sich auch die entsprechende Empfehlung.

Unter wissenschaftliche Evidenz soll heute verstanden werden: das beste verfügbare Wissen, das für die Behandlung der individuellen Patienten eingesetzt wird.

Nach Gartlehner werden dabei allerdings nach wie vor drei Bestandteile genutzt:
1. Klinische Erfahrung, 2. Patientenpräferenzen und 3. wissenschaftliche Evidenz.

Gerald Gartlehner betrachtete nun diese 'Erfahrungswerte' kritisch und bediente sich hierzu grafischer Darstellungen, in denen Erfahrungswerte innerhalb von Kreisen als Punktwolke mehr oder weniger zentral eingezeichnet waren. Er sagte, wenn Sie davon überzeugt sind, dass Erfahrung immer in der Mitte liegt, folgen Sie der Folklore, die die Erfahrungen beeinflusst. Jedoch würden Zufallsereignisse, post hoc Erklärungen etc. dazu führen, dass es in der Therapie für die absurdesten Behandlungen enthusiastische Befürworter gibt.

Kontrollierte Studien sollen hier Abhilfe schaffen. Dabei erhält Gruppe A Therapie und Gruppe B erhält keine Therapie. Darüber hinaus gelte nun eine Hierachie der Evidenz:

Ganz oben in der Pyramide stehen 'Systematischen Übersichtsarbeiten', die Meta-Analysen.
Dann nimmt die Evidenz theoretisch stufenweise ab:
Meta-Analysen > randomisierte, kontrollierte Studien > kontrollierte Studien > nichtkontrollierte Studien > Fallberichte, Expertenmeinungen.

Meta-Analysen würden benötigt, um die mehr als 3 Millionen medizinischen Artikel, die pro Jahr veröffentlicht werden, zusammenzufassen und zu systematisieren. Dies erfolge in systematischen Übersichtsarbeiten (systematic reviews). Manchmal führe das zu einer statistischen Auswertung, dann werde das zur Meta-Analyse. Diese wissenschaftliche Arbeit erfolge unabhängig von bestimmten Kliniken in sogenannten Cochrane Zentren und -Zweigstellen. Das Rückrat der Cochrane Collaborations bestehe aus freiwilliger Mitarbeit und Gartlehner habe auch so etwas für die Musiktherapie gefunden: 'Musictherapy for depression'. Und weil evidenzbasiertes Wissen sich nicht nur auf die Medizin beschränken soll, durchsuchten Gartlehner und Kollegen Zeitungen nach wissenschaftlichen Artikeln. Dabei seien sie allerdings zu ernüchternden Ergebnissen gekommen.

Gartlehners Fazit: Evidenzbasierte Medizin (EBM) ist eine Vorgehensweise, um bessere, rationalere Entscheidungen zu treffen.      

Moderator Prof. Dr. Gerd Prechtl fragte daraufhin, wo denn dabei die Empathie bliebe und ob es nicht überall ein Placebo gebe. Von Interesse sei nicht nur die Frage nach den Wirkungen, sondern auch die Frage nach den Ursachen von Wirkungen.

Prof. Dr. Jaakko Erkilää, University of Jyväskylä, Finnland präsentierte eine im Rahmen des Trainings für MusiktherapeutInnen randomisierte, kontrollierte Studie zum Thema 'Aktive Musiktherapie in der Behandlung von Depressionen'. Dabei wurden allerdings keine depressiven Menschen untersucht, sondern Therapeuten in einem Trainingsprogramm. Veröffentlicht wurden die  Ergebnisse dieser Studie im Programmheft von Mozart & Science 2012, hier ein nicht unwichtiger Aspekt :

"... Wir mussten feststellen, dass es selbst für erfahrene SeminarleiterInnen oft schwierig ist, relativ häufig angewendete therapeutische Maßnahmen und Konzepte zu vermitteln und zu erklären. Dazu kommt noch, dass ExpertInnen für ihre Privatpraxis oft ziemlich eigenständige Arbeitsweisen entwickeln, was es schwierig macht, sich an therapeutische Forschungssettings im Rahmen einer Studie anzupassen, für die Kompromisse und Einschränkungen notwendig sind.

RTCs im Bereich der Musiktherapie werden häufig dafür kritisiert, dass bei ihnen die Intervention nicht klar erklärt und beschrieben wird und verschiedenste klinische Methoden zum Einsatz kommen. Unserer Erfahrung nach empfiehlt es sich, für die im Rahmen der jeweiligen RCTs für die klinische Arbeit zuständigen Fachleute intensive Trainingseinheiten vorzusehen. Ein derartiges Training macht einerseits das Interventionskonzept klar und verbessert andererseits die Behandlungsgenauigkeit der PraktikerInnen." (Ekkilä, Jaakko (2012) Training für gemeinsames Therapieverständnis von Therapeuten. In: Mozart & Science 2012. Kurzfassungen der Vorträge und Poster. 4. Internationaler Kongress der interdisziplinären Musikwirkungsforschung, S. 12)

Prof. Erkillää sagt, wenn verschiedene methodische Vorgehensweisen eingesetzt werden, werden die Ergebnisse nicht vergleichbar sein. Daher brauche man eine Feedback-Schleife. Das Problem bestehe allerdings  darin, dass einerseits das theoretische Rahmenmodell der Kliniker sehr komplex sei, auf der anderen Seite sollten die Kliniker jedoch auch eine gewisse theoretische Grundlage haben, eine Basistheorie, die sie auch erfüllen. Sie sollten wissen, wie man Theorie anwenden kann. Es geht also um ein gemeinsames Verständnis der Forscher und der Therapeuten.

Was bedeutet Improvisation? Was sind die gemeinsamen Vorgehensweisen? Das müsse geübt werden. Die in Finnland gefundene Problemlösung wurde auf dem Kongress Mozart & Science 2012 von Prof. Erkilää vorgestellt und diskutiert.
       
Günther Stotz, Universität Klagenfurt, Österreich, erweiterte wissenschaftstheoretisch die Perspektive:  'Wissenschaft und Forschung als soziale Konstruktion.' Nach dem Konzept des sozialen Konstruktionismus von Kenneth Gergen) sei 'nichts ist real, solange Menschen nicht darin übereinstimmen, dass es real ist', sagte Günther Stotz und dass der soziale Konstruktionismus von radikalem Pluralismus spreche, wenn es um Wahrheitsansprüche gehe. Der Vortrag von Günther Stotz kann hier nur in groben Stichworten wiedergegeben werden:

Was ist das Gemeinsame, was Wissenschaftler tun? Es passiere vor dem Hintergrund bestimmter Annahmen, dass das, was die Wissenschaftler tun vom alltäglichen Handeln anderer Menschen unterscheide. Günther Stotz sagte, dass er kein fertiges Konzept liefern könne, es ihm aber darum gehe, hinter die Kulissen zu schauen mit der Fragestellung: Was ist denn überhaupt Forschung? Hierzu habe jeder eine bestimmte Vorstellung, was das ist. "Mir fällt auf, dass das Wort 'ist' darin vorkommt, so als wenn das etwas Unveränderliches ist, das einfach da ist." Dabei sei es aber doch so, dass nur wenn eine Vorentscheidung darüber getroffen wurde, dass sich also einige Leute zusammengesetzt haben und sich darauf geeinigt haben, die das Tun der Wissenschaftler von dem Tun der anderen Menschen unterscheidet. Günther Stotz fragte zirkulär: Doch was unterscheidet das Tun der Wissenschaftler von dem Tun der Leute im Alltag? Letztlich verwies Günther Stotz darauf, dass wir die Dinge, die Geltung beanspruchen (dass es stimmt) 'Glaubensätze' nennen. Nächstes Kapitel:

Aristoteles habe bereits Objekte der Forschung unterschieden, so habe er Dinge, die von Natur aus da sind von Dingen unterschieden, die die Menschen hergestellt haben. Solche Differenzierungen finden wir auch heute, so unterscheide man Naturwissenschaft von ... und in seinem Falle von Sozialwissenschaft. Und einmal mehr die Frage: Was ist Wissenschaft?

Günther Stotz erklärte, dass er nur zeigen wollte: Wissenschaft wird so definiert, wie sie es heute wird, weil jemand die Entscheidung darüber getroffen hat. Nicht weil es so ist.

 ... Das, was die Menschen herstellen und wie sie sich verhalten ... Die Entscheidung ist trotzdem subjektiv, letztlich ist es nicht sicher. Es spielt eine Rolle, man kann sich Klassen oder Gruppenbilder von Variablen ... Zuvor kam das generell von Leuten, die Autoritäten waren. ... Nun soll sich die Wissenschaft davon unterscheiden ... Neu ist, dass jeder Mensch prinzipiell die Möglichkeit haben soll, etwas nachzuprüfen, also dass das, was behauptet wird, nachvollzogen werden kann ... Methode ... Es müssen Gründe dafür existieren , dass etwas Geltung beanspruche. In diesem Sinne muss Wissenschaft systematisch vorgehen, ihr Vorgehen methodisch beschreiben können. Da gibt es Streit ... z.B. ob Evaluation noch Forschung ist ...
Günther Stotz sagt, dass es viele Gründe dafür gibt, dass Antragstellern die Aufnahme in die Wissenschaft verweigert wird. Dies gelte auch für die ganze konstruktionistische Theorie. Es gibt Publikationsmöglichkeiten. Wenn es passt, wird es publiziert. Wenn es nicht passt, wird es nicht publiziert und dann könnte es beispielsweise die Antwort geben: 'Nein. Das können wir nicht tragen', und auch das sei eine Möglichkeit, etwas nicht als wissenschaftlich zu akzeptieren.

Z w i s c h e n r e f l e x i o n -  M o z a r t & S c i e n c e  

Der Vortrag des kritischen Sozialwissenschaftlers Günther Stotz verdeutlichte, dass es keinen natürlichen Halt gibt beim wissenschaftstheoretischen Hinterfragen. Nach dem Vortrag von Günther Strotz war ich verlockt die alte Volksweisheit 'Zeige mir Deine Freunde und ich sage Dir wer Du bist' umzuformulieren:

Hinterfragen wir unser wissenschaftliches Fundament mit hinreichender Gründlichkeit, werden wir wohl erkennen können, an welchen Stellen es nicht so solide ist, wie wir es gerne hätten. Also tun wir gut daran uns die 'Logik der Forschung' von Karl Popper noch einmal zu vergegenwärtigen. Denn sie ist noch längst nicht überholt. Bestenfalls spiegelt sich ein Hauch ihrer strahlenden Klarheit im pragmatisch tautologisch anmutenden Ansatz des Evidenz-Konzeptes, denn spätestens seit Karl Popper wissen wir, dass Verteidiger der induktiven Logik auf wackligem Boden stehen.

Gehen wir noch einen Schritt weiter. Wenn wir schon differenziert denken, müssen wir unsere Theorien auch hinterfragen lassen, wenn wir wieder hinter unsere eigene Differenzierung zurückgehen möchten.
Konkretisiert zum Thema von Mozart & Science ist hier zu sagen:





Therapie ist das eine. Forschung ist das andere. Forschung ist keine Therapie. Dies gilt auch für Therapieforschung. Der nächste Referent schien sich bereits bei Mozart & Science 2010 darüber im klaren zu sein. Dr. Thomas Hilleke hielt 2012 wohl den rasantesten Kongress-Vortrag. Und das hat nicht nur ihm Spaß gemacht.

Prof. Dr. Thomas Hilleke, Fakultät für Therapiewissenschaften der SRH Hochschule Heidelberg, Deutschland, ging in seinem Vortrag den Fragen nach:

'Welche Forschung warum? Was wissen wir wirklich?'

Dabei wurde kritisch hinterfragt, ob das Konzept der evidenzbasierten Medizin eine Weiterentwicklung der Musiktherapie überhaupt begünstigen kann. Thomas Hilleke argumentierte dabei u.a. mit den Ergebnissen der allgemeinen Therapieforschung. Das gab zu denken.  




Dr. Gerhard Tucek, IMC Fachhochschule Krems, Österreich  und Dr. Susanne Perkhofer, Fachhochschule Gesundheit Tirol, Österreich widmeten ihren Vortrag der Kommunikation und der sozialen Beziehung in der Musiktherapie:

Ein gelingendes kooperatives Miteinander hänge von fünf verschiedenen Faktoren ab:


  1. Sehen und Gesehen werden
  2. gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber einem Dritten
  3. emotionale Resonanz
  4. gemeinsames Handeln
  5. wechselseitiges Verstehen von Motivation und Absicht
Was macht der Musiktherapeut, wenn der Patient nicht will? Vielleicht ist der Patient einfach erschöpft oder es gibt andere Gründe, es wäre zu einfach, das schlicht als mangelnde Compliance zu interpretieren. Dr. Tucek hob hervor, dass die therapeutische Beziehung vor allem eine zwischenmenschliche Beziehung ist. Es geht um Sehen und Gesehen werden und um die gemeinsame Aufmerksamkeit gegenüber einem Dritten. In der Intensivstation ist das Dritte die Musik. Der Musiktherapeut bietet an sich gemeinsam zu beteiligen. Das kann zur emotionalen Resonanz führen.
Bei der Begegnung mit Professionellen auf der Intensivstation können Angstreaktionen von Patienten beobachtet werden. Denn Interventionen sind hier oft schmerzvoll. In so einer Situation bekommen ganz einfache Dinge eine Bedeutung, etwa einem Patienten zu sagen, er sei willkommen. Die Kommunikation hat bei Intensiv- und Komapatienten einen hohen Stellenwert, und "wenn Sie spiegelndes Verhalten verweigern, das wissen wir, wird das Schmerzzentrum genau so aktiviert, als wenn Schmerzen zugefügt werden." Wie Stressreduktion mit biochemischen Studien untersucht worden ist, beschrieb Dr. Susanne Perkhofer. Was kann zu diesen therapeutischen Prozesse, dem Spiegeln, die Stressreduktion gesagt werden und warum kann man nach stressigen Situationen krank werden? Dr. Perkhofer stellte die Ergebnisse von Forschungsstudien vor:
  • in Stresssituationen sinkt die Lernfähigkeit signifikant
  • bei Stress steigen die Cortisolwerte signifikant an
  • nach Stress sinkt das Immungloboline A sehr stark ab
  • nach stressigen Situationen kann man krank werden
Studienergebnisse verweisen auf den therapeutischen Nutzen von Musik:

  • das Singen im Chor führe jedoch zu einem Anstieg des Immungloboline A

Studien zeigen dass Testosteron und Oxtocin sehr unterschiedlich wirken:
  • ein Testosteronanstieg sei nicht förderlich für das gemeinsame Arbeiten
  • dagegen gelte Oxitocin als das Bindungshormon schlechthin
  • höchste Oxitocin-Werte werden bei stillenden Müttern gemessen
  • in stressigen Situationen kann ein hoher  Oxitocinlevel den Stress niedrig halten
  • Oxitocin sinkt beispielsweise ab, wenn man einen Menschen trifft, den man nicht leiden kann


Dr. Byungchuel Choi,  präsentierte Daten seiner musiktherapeutischen Arbeit in Chorea. Mit einem Video erinnerte er an den Weltkongress 2011 in Seoul.


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