2011/08/27

Musik mit Kontext

Ingeborg Schober stellte die Frage:
"Wie beschreibt man Musik überhaupt, außer assoziativ?"

Ihr Buch 'Tanz der Lemminge' beschreibt die Anfänge der deutschen Rockmusik. Im Motiv der Suche identifiziert Schober die Verbindung zwischen sozialer Bewegung und Kunst, die sich in der Musik der 68er  multimedial ausdrückte. Das Neue offenbarte sich in der psychedelischen improvisierten Musik. Die kulturelle Veränderung wurde dynamisiert durch die Kraft der musikalischen Innovation. In dieser Zeit stand die deutsche Gruppe Amon Düül im Fokus der musikjournalistischen Aufmerksamkeit. Mit Wolfgang Längsfeld bezeichnete Schober die Musik Amon Düüls als 'ästhetischen Terror'. Sie zeigt die Verbindungen der Musikkommune Amon Düül zur Kommune 1 in Berlin. Ingeborg Schober war selbst auf der Suche und fand: "Das war der Sinn, der Inhalt dieser Musik - eine Suche." Auf den Spuren der neuen Musik hatte sie England bereist und berichtete davon begeistert: "London war eine 3D-Version all meiner Träume. Es war eine permanente Sinnesreizung ohne Drogen; der Film, die Lightshow, die Musik, die Aktion, alles auf den Straßen zu finden." Zurück in Deutschland identifizierte sie Amon Düül als Träger dieses innovativen Geistes von der auch Wolfgang Längsfeld schrieb:

"Ihre Musik, ein höchst ästhetischer Terror, basiert auf den üblichen Instrumenten des Beat, denen für die geschickt eingeflochtenen Soli allerlei exotische Sitars, Blockflöten oder Bronzeglocken beigegeben werden. Gesang wird nur selten als instrumentale Ergänzung oder in melismatisch rhapsodischer Monotonie, für eine Anrufung Krishnas etwa, verwendet. Überhaupt spielt orientalische Mystik bei Amon Düül eine große Rolle. Einfache Melodiebögen, meist unisono gespielt , gleichen oft der ornamentalen Symmetrie indischer Mandalas. Daneben eine virtuos gespielte Violine, ganz ungewohnt elektrisch verstärkt wie eine Gitarre. Ihre Soli erzeugen dschungelhaften Chaos, hin und wieder auch eine klare Science-fiction-Schönheit der Ufo-Musik ..." (Tanz der Lemminge)

Die Beschreibung von Musik konnte nicht mehr auf den Kontext verzichten. Im Gegenteil, die soziale Bewegung und die neue Musik gehörten zusammen, bildeten eine untrennbare Einheit. Hier lag der Schlüssel zur neuen Musik. In Amerika beeindruckten Bob Dylans Texte die Jugend. Die Musik transportierte die Botschaft des sozialen Umbruchs. Das macht Ingeborg Schober in 'Tanz der Lemminge' deutlich. Ihre Perspektive ist politisch. Dieser Akzent ist in der Musikjournalistik nahezu verloren gegangen und doch lässt sich diesen klare Blick auch heute noch finden. Zum Beispiel beim  Internetmagazin NORIENT. Das Independent Network For Local And Global Soundscapes bietet gut geschriebenen und interressanten Beiträge zur neuen Musik außerhalb des Mainstreams aus neuen Ländern: http://norient.com/.

Keine Kommentare:

 
blogoscoop