2009/11/16
Japanisches Trommeln mit Oliver Boldt
Foto: Yo Bachi Daiko
Zunächst spielte er beim ’Silent Sound Ensemble’ und mit anderen Musikern gründete er die Djembe-Formation ’Numudi’. Doch dann sollte alles anders kommen: die Japanischen Trommeln (Shime Daiko, Miya Daiko, O Daiko, ... ) zogen Oliver Boldt bei einem Taiko-Workshop in ihren Bann.
Heute spielt Oliver Boldt in der Gruppe Yo Bachi Daiko, baut Instrumente und unterrichtet Japanisches Trommeln.
Oliver Boldt im Interview
Mit dem japanischen Trommeln begann ich 1998. Zuvor hatte ich schon ein paar Jahre afrikanisch getrommelt. Eine Kollegin, eine Japanologin, hatte 1998 Peter Markus erstmals engagiert. Als sie nach Japan ging, übernahm ich die Organisation. Später widme ich mich nur noch dem japanischen Trommeln und begann auch zu unterrichten. Im Jahr 2005 gründeten wir unsere Aufführungsgruppe.
Ist das Typische beim japanischen Trommeln die extrem hohe Konzentration?
Die japanische Trommelmusik ist natürlich vom Charakter her völlig anders. Sie ist ja nicht so groovig wie die afrikanische und ein bisschen kühler, aber auch sehr energetisch und mitreißend. Auch beim Taiko muss man Rhythmusgefühl haben und die rhythmischen Komponenten beherrschen. Was Taiko jedoch schwer macht, sind die hochgradig komplexen Stücke. In der afroamerikanischen Musik gibt es meist einen Groove, dann spielt hier und da mal einer ein Solo. Wer das komplette Stück nicht beherrscht, kann meist zumindest noch den Groove mitspielen. Doch die hochgradig organisierten Taiko-Stücke muss man als Ganzes im Kopf haben, auch wenn sie schon mal über 15 Minuten lang sind.
Das ist dann wie bei einer auskomponierten klassischen Komposition? Spielen Sie traditionelle Sachen? Oder komponieren Sie auch eigene Stücke?
Das meiste, was wir spielen, kommt direkt aus Japan, bzw. hat unser Lehrer uns mitgebracht. Einiges haben wir auch bearbeitet, indem wir Teile, Grundmuster, zu einem Stück arrangiert haben. Traditionell werden die Stücke allerdings mündlich überliefert. Das ist der rein traditionelle Weg. Daneben gibt es natürlich auch unterschiedliche schriftliche Geschichten. So werden zum Beispiel Silben aufgeschrieben, doch die Silbensprache ist keine präzise Notation, sondern mehr eine Gedankenstütze. Daher erfolgt bei Taiko die Weitergabe der Musik doch meist noch persönlich. Inzwischen gibt es zwar auch richtige Noten für Taiko-Stücke, die ein Musiker einfach vom Blatt spielen kann. Was der Musiker dabei allerdings nicht sieht, ist natürlich die Bewegung, und das ist die nächste Herausforderung.
Natürlich jeder kann ein bisschen Taiko spielen, das ist keine Frage. Aber wenn man jetzt eine ambitionierte Band hat, braucht man Leute, die rhythmisch gut sind, die sich ein langes Stück merken können, die auch einen guten Stand haben, die gut stehen, die auch noch gute Bewegungen haben, dann hat man schon Schwierigkeiten auch gute Leute zu finden.
Ja. Ich kenne das Buch nur vom Peter Markus. Ist das Ihr Lehrer, der Ihnen die Trommelstücke aus Japan mitgebracht hat?
Genau, und auch nach wie vor: Seit fast 11 Jahren kommt Peter Markus vier, fünf mal im Jahr nach Hamburg.
Und er guckt sich das an, oder gibt Tipps, oder ist dann da als Supervisor oder Lehrer?
Für die Fortgeschrittenengruppe bringt er neue Stücke mit und in einem zweiten Kurs gibt er Einsteigerworkshops. Wir haben aber auch Teilnehmer, die seit Jahren zu den Anfängerworkshops gehen. Ihnen scheint das gut zu tun, sie scheinen keine Lust haben, diese hochkomplexen Stücke zu lernen oder sich schwierigere Techniken anzueignen. Aber sie kommen fünf mal im Jahr um ein Wochenende einfach hier zu trommeln.
Das kann ich verstehen. Beim Moers Festival habe ich eine sehr beeindruckende Daiko-Gruppe aus Japan erlebt. Ihr Stil unterschied sich schon sehr von der afroamerikanischen Trommelmusik. Die Musiker erinnerten mit ihrer ganzen Körpersprache an ausgebildete Kämpfer - etwas Ähnliches vermittelte auch Peter Markus in seinem Buch. In Moers wirkten die Musiker auf mich wie kräftige japanische Mönche. Die Bewegungen wirkten stark, präzise und auf dem Punkt gebracht. Allein das optische Bild ...
Das ist relativ wichtig. Genau.
Und in Duisburg habe ich das auch so erlebt. Da wurde nicht mal so eben dahin improvisiert.
Nein. Das ist so, von der Form her und auch wie gespielt wird. Natürlich unterscheiden sich die verschiedenen Gruppen, aber der Stil ist relativ streng. In der Taiko-Gruppe haben die Leute meistens auch dieselbe Kleidung an, während es in der afrikanischen Gruppe ein bisschen bunter ist. Von der Form her ist es relativ streng, das muss man sagen.
Gibt es da auch so eine Art Bewegungschoreographie? Sie sagten, dass in der Notenschrift die Bewegungsabläufe fehlen. Die Bewegungsabläufe muss man sich dann quasi über Nachahmung aneignen?
Richtig. Die kann man halt im Notenbild normalerweise nicht sehen, es sei denn, hier und da ist mal eine Notiz wie: ’linker Arm hoch’ oder ’rechter Arm hoch’. Deshalb ist es auch so, dass man allein anhand der Noten im Normalfall ein Stück nicht richtig lernen kann.
Was ist derzeit Ihr Bedarf? Suchen Sie Auftritte, suchen Sie Musiker oder sind Sie im Augenblick ziemlich ausgeglichen?
Nein, wir arbeiten im Augenblick einige neue Trommler bei uns ein. Prinzipiell haben wir aber immer Interesse an neuen Mitgliedern, und die müssten logischerweise auch aus der Region kommen. Für Auftritte sind wir auch immer offen. Für Anfragen stehen wir im Internet:
www.yo-bachi-daiko.de
Oliver Boldt am 19.12.2008,
Musiklabor-Interview: Gerd Fierus
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