2008/04/19

Reflexionen zum Geheimnis der Farben

Ein außergewöhnlich entwickelter Geruchssinn war Dreh- und Angelpunkt des Romans 'Das Parfüm' von Patrick Süskind. 'Das Mädchen mit dem Perlenohrring' (Tracy Chevalier) führt mehr in die Welt der visuellen Wahrnehmung; Olivia Hetreed (Drehbuch) und Peter Webber (Regie) erschlossen den letztgenannten Roman auch dem cineastischen Publikum.













Die Journalistin Victoria Finlay konzentriert sich in ihrem Buch 'Das Geheimnis der Farben' auf Farbwahrnehmung und deren kulturelle Bedingungen. Wie der von Tracy Chevalier reanimierte niederländische Maler Jan Vermeer aus dem 15. Jh. interessiert sich Victoria Finlay für Farben und auch sie führt hin zum Problem, zum 'Geheimnis' der Farben.

"Bis dahin hatte ich stets geglaubt, die Welt würde immer besser und klüger. Aber an jenem Tag wurde meine naive Theorie über die geschichtliche Entwicklung auf den Kopf gestellt, und seitdem ist sie nie wieder ganz ins rechte Lot gekommen." ´(Finlay, 2006, 9)

Der künstlerisch-handwerkliche Bezug zur Farbe beim Meister Jan Vanmeer wird bei der über 300 Jahre jüngeren kulturjournalistischen Perspektive erweitert:


















"Im Jahr 1983 identifizierte der amerikanische Wissenschaftler Kurt Nassau fünfzehn Möglichkeiten, wie ein Gegenstand als farbig erscheinen kann, und die Liste beginnt mit folgenden Begriffen: 'Schwingung, Spannung, Erhitzung, Streuung, Brechung ...' Das ist alles ziemlich kompliziert. Aber einfach ausgedrückt, Farbe wird im Großen und Ganzen auf zweierlei Weise hervorgerufen: chemisch oder physikalisch. Die 'chemischen' Ursachen für Farbe spielen eine Rolle bei den zarten und leuchtenden Farben von Blütenblättern, beim Blau des Lapislazuli, der Farbe Ihrer und meiner Haut.
Diese Farben erscheinen, weil sie einen Teil des weißen Lichts absorbieren und den Rest reflektieren. Aber die große Frage ist: Warum? Warum absorbieren manche Substanzen rotes Licht und andere blaues? Und warum absorbieren andere - 'weiße' - so gut wie gar kein Licht?" Finlay, 2006, 13)

Als Kulturjournalistin begrenzt sich Victoria Finlay nicht auf eine empirisch-naturwissenschaftliche Forschung, gilt ihr besonderes Interesse doch den kleinen kulturellen Geschichten rund um das Sehen und der Herstellung von Farben.

"Aber Farbe ist - ebenso wie Klang und Geruch - nur eine Erfindung der menschlichen Wahrnehmung, eine Interpretation von Wellen und Partikeln, die sich nach bestimmten Mustern durch das Universum bewegen. Die Dichter sollten also nicht nur der Natur, sondern sich selbst für die Schönheit und die Regenbögen danken, die sie um sich herum wahrnehmen." (Finlay, 2006, 16)













Bei der menschlichen Wahrnehmung ist zu beachten, dass die Verarbeitung von Sinnesdaten nicht zuletzt auch durch 'multimodale Verknüpfungen' beeinflusst wird. Die menschliche Wahrnehmung unterscheidet sich daher von einer Computersoftware, die etwa exklusiv Audiodaten in einer ganz bestimmten Form verarbeitet. Dagegen zeichnet sich der menschliche Wahrnehmungsapparat dadurch aus, dass Reize aus den unterschiedlichen Sinneskanälen bei der Datenverarbeitung genutzt werden; ähnlich wie die Augen beim Speisen 'mitessen', unterstützen die über taktile, haptische und optische Kanäle hinzukommenden Informationen sowohl die Verarbeitung wie auch die Interpretation akustischer Wahrnehmungen.

Dieser Sachverhalt mag zwar eine differenzierte wissenschaftliche Analyse der menschlichen Verarbeitung akustischer Sinnesreize erschweren, ist aber auch eine Voraussetzung für die besonders leistungsfähige menschliche Wahrnehmung.

Die Zitate von Vicoria Finlay entstammen:
Finlay, Victoria (2006) Das Geheimnis der Farben. 5. Aufl. Berlin: List.

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