2007/07/08

Vom Entspannungstraining zur Psychotherapie

In seinem Aufsatz über die historische Entwicklung der RMT beschreibt Christoph Schwabe einige Merkmale und Besonderheiten der Regulativen Musiktherapie (RMT) in vier Entwicklungsetappen.

Christoph Schwabe arbeitete als klinischer Musiktherapeut bereits sehr früh in engster Nähe zur Psychotherapie. Auch wenn Christoph Schwabe das RMT zunächst vor allem als Entspannungsmethode mit Musik ausarbeitete, zeigte er bereits früh die hohe Bedeutung des Musikerlebens für eine (anschließende) konfliktzentrierte verbale Psychotherapie auf:

Die RMT arbeitet vor allem mit Patienten, die "... in ihrer emotionalen Äußerungsfähigkeit gehemmt sind, die ihre Fehlhaltungen vorwiegend rational zu kompensieren versuchen und die vor einer Bejahung ihrer Gefühle zurückweichen." (Schwabe, 1996 (und 1968), 21-22)
"Bei neurotischen Patienten ist das Musikerleben über die Aktivierung der Emotionalität in der Lage, auf indirektem Wege die Auseinandersetzung mit neurotischen Einstellungen und Verhaltensweisen anzuregen. Dadurch wird es möglich, konflikthafte Erlebnisse von pathogener Wertigkeit, die bei neurotischen Patienten oft über Jahre hin überspielt und zurückgedrängt werden, leichter und schneller in den Bereich einer direkten verbalen Auseinandersetzung (z. B. im psychotherapeutischen Gespräch) zu bringen." (Schwabe, 1996 (und 1968), 22)

Als Musiktherapeut in den 60er Jahren verfolgte Christoph Schwabe jedoch zunächst eher pädagogische Zielsetzungen mit deutlicher Nähe zum sozialarbeiterischen Prinzip der 'Hilfe zur Selbsthilfe'.

Die therapeutische Zielstellung in der ersten Entwicklungsphase des RMT beschreibt Schwabe als Harmonisierung, Ordnung und Entspannung. Schwabe weist auf die spezifische Behandlungszeit und auf die Rahmenbedingungen (das setting) hin, unter der er arbeitete: In der "prospektiven Behandlungsphase, in der der Patient nicht nur stabilisiert, sondern auch wieder verstärkt auf das Leben außerhalb der Klinik vorbereitet werden sollte." (Schwabe, 1996, 24) Dabei musste auch die Gefahr der Hospitalisierung vermieden werden, denn die klinischen Behandlungen zogen sich manchmal über mehrere Monate hin. (vgl. (Schwabe, 1996, 24)

In der zweiten Entwicklungsetappe wird die RMT von Schwabe (1996) vor allem als Einzelmusiktherapie beschrieben, deren Ziel darin bestand, dass der Patient mittels eines Trainings lernt, das Ziel der psychophysischen Selbstregulierung mit Hilfe von Musik zu erreichen. Innerhalb des Trainings ging es darum, dass die Gedanken im Sinne einer 'Korrespondenzhaltung' sowohl auf das eigene Körpergeschehene, wie auch auf die Musik gelenkt werden sollten. "Die Korrespondenzhaltung verhindert eine zu intensive und ausschließliche Aufmerksamkeit auf die Musik oder auf den Körper." (Schwabe, 1996, 25)
Der Trainierende sollte aufsteigende Bilder und Gedanken einfach vorbeiziehen lassen. So galt (in der zweiten Entwicklungsetappe des RMT): "Es geht nicht um die psychotherapeutische Bearbeitung aufsteigender Gedanken und assoziativer Bilder, sondern um deren Neutralisierung." (Schwabe, 1969, 25)
RMT wurde in dieser 2. Etappe auch als Alternative zum Autogenen Training genutzt. (vgl. a.a.O.)

Die dritte Entwicklungsetappe des RMT erstreckte sich nach Schwabe über den Zeitraum der 70er Jahre, in der sich die RMT als Gruppenpsychotherapie ausbildete. "Förderung des einzelnen bedeutete das Lernen voneinander im Interesse der individuellen Therapieverwirklichung. Behinderung dagegen bedeutete das Abgleiten der einzelnen Gruppenmitglieder in eine Beziehungsauseinandersetzung mit anderen Gruppenmitgliedern." (Schwabe, 1996, 31)
Die RMT erfolgte nun auch in der ambulanten Psychotherapie. Auch als Gruppenmethode bestand die Zielsetzung der RMT weiterhin in der 'psychophysischen Harmonisierung', also der 'Regulation', "doch erweitert sich bereits das therapeutische Spektrum in Richtung konfliktbesetzter Wahrnehmungsbereiche." (Schwabe, 1996, 28)

In der vierten Entwicklungsetappe erfolgte die Orientierung an dem Kausalitätsprinzip in der Gruppenpsychotherapie, am symptomzentrierten Handlungsansatz nach Röhrborn.
"Mit diesem psychotherapeutischen Handlungsansatz, Bestandteil des Kausalitätsprinzips der Psychotherapie, ist RMT über ihre ursprüngliche Zielstellung weit hinaus gewachsen und verkörpert nunmehr eine tiefenpsychologisch orientierte psychotherapeutische Methode, die nicht Entspannungsangebot ist, sondern mit deren Hilfe direkt auf die Bearbeitung teil- oder unbewußter psychopathologischer Zusammenhänge gezielt wird." (Schwabe, 1996, 33).

Christoph Schwabe beschreibt in 'Regulative Musiktherapie' zunächst, wie er seine Regulative Musiktherapie (RMT) über ein Programm zur Förderung der Selbsthilfe (psychophysische Selbstregulierung) in Zusammenarbeit mit Medizinern zu einer psychotherapeutischen Musiktherapie entwickelte.

Literatur:
Schwabe, Christoph, Röhrborn, Helmut (1996) Regulative Musiktherapie. Entwicklung, Stand und Perspektiven in der psychotherapeutischen Medizin. 3. Auflage, Stuttgart: Fischer.

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