2006/08/04

"Wer nur was von Musik versteht, versteht auch davon nichts!"

schreibt Martin Geck (2006, 34). Der Musikprofessor aus Dortmund vergleicht die chinesische Musik an den Herrscherhöfen mit der Kunstmusik des europäischen Mittelalters.

Hier wie dort erfolgten Bemühungen um eine Vereinheitlichung der Musik.

In China wurden Beamte ausgeschickt, um die Stimmhöhen der Instrumente zu kontrollieren, die Musik am Hof der Herrscher diente auch dazu, bestimmte Ordnungsprinzipien aufrecht zu halten. Die hohe symbolische Verbindung von Musik und Herrschaft führte in China beispielsweise auch dazu, dass Musiker zusammen mit ihrem verstorbenen Herrscher beerdigt wurden. Und wechselte die Herrscherdynastie, wurden die Musikinstrumente der Vorherrschaft oft gleich mit vernichtet.

Hier wie dort wurde auf die symbolische Kraft der Musik gesetzt.

Auch das mittelalterliche Europa tendierte zur Vereinheitlichung der Musik. Im Zentrum dieser Bemühungen standen allerdings weniger die Herrscherdynastien, als vielmehr der zu vereinheitlichende Gottesdienst. So achteten im Abendland die Theoretiker der mittelalterlichen Kirchenmusik (europäische Kunstmusik) streng darauf, dass die Ordnung der Musik mit der Ordnung der christlichen Welt übereinstimmt. Martin Geck schreibt:

„…Einfache Mehrstimmigkeit wurde von den Volksmusikern längst praktiziert. Diese kannten zwar keine Noten, waren aber in der Lage, aus dem Kopf zu einer Hauptstimme eine zweite Stimme zu erfinden, welche die erste begleitet und umspielt. (Heute gibt es Vergleichbares nur noch im Jazz). Solche improvisierte Mehrstimmigkeit wurde freilich von den mittelalterlichen Musikkennern gering geschätzt, mochte sie ihnen insgeheim auch gefallen. Sie müssen daher den Eindruck erwecken, als würden sie die Mehrstimmigkeit neu entdecken. …“ (Geck, 2006, 30)

Martin Geck zeigt mit  vielen Beispielen die Verflochtenheit von Musik und Geschichte:

„Ähnlich der Allgemeinen Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der europäischen Kunstmusik ein kompliziertes Wechselspiel zwischen Anpassung und Autopoiese, also Selbstschaffung.“ (Geck, 2006, 43)

Diese enge Verflochtenheit zwischen Musik und Geschichte der Menschheit bringt der Musikhistoriker mit dem bereits Eingangs zitierten Satz auf den Punkt:

„Wer nur was von Musik versteht, versteht auch davon nichts!“ (Geck, 2006, 34)

Musik und Mensch können als untrennbare Einheit dargestellt werden.

Quelle: Geck, Martin (2006) Wenn Papageno für Elise einen Feuervogel fängt. Kleine Geschichte der Musik. Berlin: Rowohlt.

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