2005/12/28

Musiktherapie bei Leslie Bunt

Der Musiktherapeut Leslie Bunt (Universität Bristol) betreute verschiedene Forschungsprojekte im Bereich Kindertherapie und im Bereich psychisch kranker Erwachsener.
Für Leslie Bunt ist der Prozess selbst wichtiger als das vollendete künstlerische Produkt.
(vgl. Bunt, 1997, 45)

Leslie Bunt beschreibt die Musiktherapie in der Einzel- und der Gruppensitzung. Er bezieht sich auf ausgewählte Therapiekonzepte, dabei werden hervorgehoben:

- Musiktherapie und das medizinische Modell
- Musiktherapie und psychoanalytische Theorien
- Musiktherapie und Verhaltenstherapie
- Musiktherapie und humanistische Psychologie

„Musiktherapie bietet die Möglichkeit der Interaktion auf gleichberechtigter Basis.“
(Bunt, 1998, 25)

Leslie Bunt (1997) regt die Auseinandersetzung mit einigen sehr grundlegende Fragen an, wie:

Welche musiktherapeutische Interaktion ist für welchen Menschen in welcher Situation
hilfreich? (Seite 25)
Kann Musik eine besondere Rolle spielen bei der Integration psychisch Behinderter nach dem
Prinzip der ’therapeutischen Gemeinschaft’? (Seite 26)
Welche Rolle kann Musiktherapie spielen, um Menschen zu helfen soziale Kontakte
herzustellen? (S.26)

In Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse fragt Bunt auch, ob Musik missbraucht werden kann, womöglich um dem Erwachsenwerden und der Konfrontation mit der Realität zu entfliehen oder um Musik als Ersatz für andere Erfahrungen zu benutzen. (vgl. Seite 45)

"Muss dies jedoch gleich als Flucht bezeichnet werden? Es kann auch als ein positives Abstandnehmen vom gegenwärtigen Inanspruch-genommen-Sein betrachtet werden."
(Bunt, 1997, 46)

Natürlich besteht die Möglichkeit Musik zur Flucht aus der Realität zu benutzen und natürlich können bestimmte Erfahrungen mit der Realität vermieden werden. Auch kann Musik zu regressiven Zwecken genutzt werden. Doch genau an solchen Punkten ist eine gute Methodik gefragt. Mit einer stimmigen musiktherapeutischen Diagnostik und angemessenen therapeutischen Interaktionen können erfolgreiche Resultaten erzielt werden.

Regressive Zustände, die durch Musik, autogenes Training und auf andere Weisen erreicht werden, können therapeutisch genutzt werden. Der Abstand zu bedrückenden und lähmenden Problemen sollte nur als ein möglicher Schritt betrachtet werden, dem weitere Schritte folgen müssen.

Gerade in der Therapie sollte eine Flucht beendet, ein ständiges Vermeiden unterbrochen werden, denn es geht auch darum, sich der eigenen Angst zu stellen. Wer das nicht alleine schafft, erreicht dies möglicherweise mit therapeutischer Begleitung. Eine systematische Vorgehensweise kann hier sehr hilfreich sein.

Nicht umsonst weist Professor Dr. Dr. Karl Hörmann in seiner musiktherapeutischen Weiterbildung immer wieder entschieden auf die therapeutische Formel hin:
E = Akzeptanz + Konfrontation. Siehe hierzu auch Hörmann, 2000, 130. Die Musiktherapeutische Weiterbildung in Münster erreichen Sie übrigens unter:
http://www.tanzwissenschaft.de/WeiterbMth/musiktherapie.htm

In der Auseinandersetzung mit der Verhaltenstherapie bezieht sich Leslie Bunt vor allem auf Musiktherapeut/innen in den USA. Nach Bunt haben führende Musiktherapeut/innen in den USA vor allem in den 60er- und 70er-Jahren die verhaltenstherapeutische Herangehensweise befürwortet. (vgl. Bunt, 1997, 49)

Eine zuvor beschriebene Einzeltherapiestunde mit dem dreieinhalb Jahre alten John liest sich aus der verhaltenstherapeutischenr Perspektive nach Leslie Bunt wie folgt:

“Im Verständnis der Verhaltenstherapie war in Johns Einzelsitzung sein Trommelspiel ein integriertes Belohnungssystem. Einfach beschrieben, spielt John die Trommel, und die Klänge kommen als seine Klänge zu ihm zurück. Er hat den Klang gemacht, der Klang bereitet ihm Vergnügen, und er wiederholt die Erfahrung. Die Wirkung einer lustvollen musikalischen Geste hat eine eingebaute verstärkende Wirkung; diese eine Geste stimuliert und lockt die nächste hervor. Eine zusätzlich verstärkende Wirkung und Belohnung für sein Verhalten liegt im Unterstützen, Ermutigen und Reagieren des Erwachsenen. Der Therapeut kann bestimmte Verhaltensweisen unterstützen und zu ihnen ermutigen und andere nicht. In Johns Sitzung war ich darauf erpicht, ihn zu ermutigen, auf einem Instrument so lange wie möglich Kontakt zu halten. Ich gab ihm viel positive Verstärkung, indem ich mich seinen Klängen anschloss, sie ihm sofort zurückgab und seine musikalischen Ideen weiter ausarbeitete. Alle Begriffe der Verhaltenstherapeut/innen (Belohnungen, Tokens, Kontingenzen, Ziele, positive und negative Verstärker dieses Prozesses) können die musikalischen Aktionen und Interaktionen beschreiben. …“ (Bunt, 1997, 49 f.)

Leslie Bunt gibt auch Hinweise und Quellenangaben zu streng kontrollierten Studien, in denen der gezielte Einsatz von Musik auf kleine Aspekte sorgfältig definierten Verhaltens untersucht wurden, so beispielsweise:

- im Erwerben von Lese-, Rechen- und Nachahmungsfähigkeiten
- zur Reduktion von Aggressionen, stereotypes Verhalten, Hyperaktivität und unangepasstes
Verhalten (siehe Bunt, 1997, 50f.)

„Eine Hauptstärke des verhaltensorientierten Zuganges ist, dass keine anderen Ziele gesetzt werden als klar definierte Verhaltensweisen. Die Arbeit kann nicht als anekdotenhaft, subjektiv oder sentimental kritisiert werden.“ (Bunt, 1997, 51)

Als Nachteil führt Bunt auf, dass der verhaltensorientierte Zugang „ziemlich mechanistisch und rigide“ (Bunt, 1997, 51) wirken kann und er gibt hierzu begründende Beispiele.

Leslie Bunt ordnet seine eigene Arbeitsweise wie folgt ein:

„Ich tendiere zur humanistischen Psychologie mit einem offenen Ansatz und der Betonung aktiver Interaktion.“ (Bunt, 1998, 55)

Gemeinsamen Merkmale unterschiedlicher Ansätze humanistischer Therapien werden wie folgt aufgeführt:

“Alle aber verfolgen das Ziel, Menschen dabei zu helfen, ihre eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen; betont wird der Gedanke des Wachstums vor der Behandlung. Der Therapeut … wird zum helfenden Partner, der gemeinsam mit dem Hilfesuchenden Wege aus der Not sucht. Man spricht nicht mehr vom Patienten, sondern vom Klienten.“ (Bunt, 1997, 53)

In den humanistischen Therapien werden nach Leslie Bunt folgende therapeutische Aspekte akzentuiert:

- Respekt vor dem Individuum und seiner Einmaligkeit
- 'Ganzheitlichkeit’- Entwicklung der Eigenständigkeit und der persönlichen Intentionen
- Freiwilligkeit
- Wachstum der Persönlichkeit oder Selbstverwirklichung,
insbesondere in Beziehung zu anderen
- Kreativität
- Liebe
- Ausnahmezustände und Schlüsselerfahrungen
(Auflistung nach Bunt, 1997, 53)

Die von Leslie Bunt vorgestellte Musiktherapie zeichnet sich darüber hinaus aus durch:

- eine deutliche Ressourcenorientierung
- die Fokussierung auf 'Kommunikation' und die Verbesserung kommunikativer Fähigkeiten

„…das Erleben von Musik, rezeptiv oder aktiv vollzogen, ermöglicht die Überwindung alltäglich erlebter Kommunikationsbarrieren und erschließt den Zugang zu seelischen Ressourcen, mit deren Hilfe neue Möglichkeiten der Lebensbewältigung und -gestaltung erschlossen werden können.“ (Bunt, 1998, 12)

“In der Musiktherapie versuchen wir, über Musik Kontakte zu anderen Menschen herzustellen. Wir können beobachten, wie Klienten die Musik benutzen, um Probleme in der Kommunikation zu überwinden.“ (Bunt, 1997, 16)

Das musiktherapeutische Buch von Leslie Bunt befaßt sich besonders mit der Verbesserung von Kommunikation und ihrer nonverbalen Aspekte und bietet wertvolle Anregungen zum Einsatz von Musiktherapie in der Sozialarbeit.

Quellen:

Bunt, Leslie (1998) Musiktherapie. Eine Einführung für psychosoziale und medizinische Berufe. Weinheim: Beltz.

Hörmann, Karl (2000) Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung. 2. Aufl. Münster: Paroli.

Keine Kommentare:

 
blogoscoop