1. Wofür steht RIM?
Mit einem RIM-Faktor könnte gemessen werden ob Therapien 1. ressourcenorientiert, 2. integrativ und 3. multimodal sind.
Im Jahr 2004 arbeitete ich im Rahmen meiner Diplomarbeit 'Musiktherapie in der Psychiatrie' drei Qualitätskriterien heraus, mit denen zukünftig unterschiedliche therapeutische Methoden beurteilen werden sollten. Ich war am Ende meiner musiktherapeutischen Ausbildung und von der Methode der Hörmann'schen Musiktherapie fasziniert. Diese auf der Rhythmisch-Energetischen-Strukturanalyse basierende Musiktherapie betrachtete ich hinsichtlich dieser drei Dimensionen als ein sehr hochwertiges Modell, an dem andere therapeutische Methoden gemessen werden könnten. Das war die Idee. Entschlossen meine begonnene Arbeit fortzusetzen schrieb mich an der Deutschen Sporthochschule Köln ein, über die musiktherapeutischen Möglichkeiten in der Sozialarbeit zu promovieren. Zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht klar, dass noch eine lange Reise vor mir lag (8.11.2015).
RIM steht für ressourcenorientiert, integrativ und multimodal.
2. Lösungsorientierte Kurzzeittherapie
Steve de Shaker blickte nicht defizitorientiert, als er schrieb: „Probleme sind Probleme, weil sie aufrechterhalten werden. Sie werden einfach dadurch zusammengehalten, dass man sie als „Probleme“ beschreibt. ... Im Allgemeinen erfordern Lösungen einfach, dass jemand etwas anders macht oder etwas anders sieht, was zu einer größeren Zufriedenheit führt.“ (Steve de Shazer, 2002, 27f.) Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf die Ressourcen: “Da der Therapeut sofort von Beginn der Sitzung an auf das fokussiert hat, was der Klient schon macht und zwar erfolgreich macht, wird Kooperation … bereitwillig entwickelt und gefördert.“ (Steve de Shazer, 28)
3. Problemorientiert Perspektive
Wenn Psychotherapie von einer Krankenkassen finanziert soll, führt das zwangsläufig zur defizitorientierten Perspektive, denn gezahlt wird nur, wenn eine Störung aufgezeigt wird. Die Instrumente der defizitorientierten therapeutischen Perspektive sind standardisiert: DSM-IV, ICD-10, etc. Eine Selbstreflexion zur defizitorientierten Perspektive liefert Peter Fiedler in 'Das Stigmatisierungsproblem’ (2001, 11-21). Das 653 Seiten umfassende Buch ‚Persönlichkeitsstörungen’ in dem „exakt 175 Persönlichkeitsstörungen vorgestellt und mehr oder weniger ausführlich beschrieben werden“ (Fiedler, 2001, XIV), erschien erstmals 1994 und wurde 2001 bereits in der 5. Auflage veröffentlicht. Professor Dr. Peter Fiedler vom Psychologischen Institut der Universität Heidelberg definiert hier: „Persönlichkeit und Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen sind Ausdruck der für ihn charakteristischen Verhaltensweisen und Interaktionsmuster, mit denen er gesellschaftlich-kulturellen Anforderungen und Erwartungen zu entsprechen und seine zwischenmenschlichen Beziehungen auf der Suche nach einer persönlichen Identität zu füllen versucht.“
(Fiedler, 2001, 3)
Hierzu erläutert der Autor:
„Persönlichkeitseigenschaften werden üblicherweise erst dann mit dem Etikett „Persönlichkeitsstörung“ belegt, wenn sie deutlich in Richtung eines Leidens der Betroffenen (etwa unter der Last ihrer Gewohnheit“ oder in Richtung Dissozialität oder (anti)sozialer Devianz extremisieren. Da die Übergänge zwischen sozial akzeptierter und sozial nicht akzeptierter Abweichung sehr kontextabhängig und fließend sind, erfolgt die Diagnose „Persönlichkeitsstörung“ fast zwangsläufig in einem Bereich persönlicher und zwischenmenschlicher, wissenschaftlich und gesellschaftlich-kultureller Streitfragen und Konfliktzonen.“ (Fiedler, 2001, 4)
Unter der Überschrift „Das Stigmatisierungsproblem“ setzt sich der Autor mit dem Begriff „Psychopathie“ und dessen Begründungsversuche auseinander. Gefragt wird „warum die meisten der früheren und selbst noch manche der aktuellen Versuche einer wissenschaftlich motivierten Definition und Beschreibung der Psychopathie wie Kataloge schlechter Eigenschaften, menschlicher Fehlverhaltensweisen und asozialer Tendenzen klingen.“ (Fiedler, 2001, 5)
In dem später erschienenen Buch 'Integrative Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen' geht Professor Peter Fiedler das Stigmatisierungsproblem erneut an, diesmal, indem er zwischen Persönlichkeitsstilen und Persönlichkeitsstörungen unterscheidet. In der Bemühung, über die bloße Psychopathologie hinaus zu gehen, arbeitet Professor Peter Fiedler das positive Potential von Persönlichkeitsstilen heraus.
Hierzu begrenzt sich Fiedler auf die Unterscheidung von 12 Persönlichkeitsstilen, die den entsprechenden Persönlichkeitsstörungen zugeordnet werden:
1. misstrauisch-scharfsinnige Persönlichkeit (paranoide Persönlichkeitsstörung)
2. Zurückhaltend-einzelgängerische Persönlichkeit (schizoide Persönlichkeitsstörung)
3. Ahnungsvoll-sensible Persönlichkeit (Schizotypische Persönlichkeitsstörung)
4. abenteuerlich-risikofreudige Persönlichkeit (Dissoziale Persönlichkeitsstörung)
5. Spontan-sprunghafte Persönlichkeit (Borderline-Persönlichkeitsstörung)
6. Expressive und selbst darstellende Persönlichkeit (Histrionische Persönlichkeitsstörung)
7. Ehrgeizige und sich selbst bewusste Persönlichkeit (Narzisstische Persönlichkeitsstörung)
8. Selbstkritisch-vorsichtige Persönlichkeit (Ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung)
9. Anhänglich-loyale Persönlichkeit (Dependente Persönlichkeitsstörung)
10. Sorgfältig-gewissenhafte Persönlichkeit (Zwanghafte Persönlichkeitsstörung)
11. Passiv-pessimistische Persönlichkeit (Depressive Persönlichkeitsstörung)
12. Kritisch-zögerliche Persönlichkeit (Negativistische Persönlichkeitsstörung)
vgl.: Fiedler, Peter (2001) Integrative Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Hogrefe
4. Ressourcenorientierte Perspektive
Ein Blick in die ressourcenorientierte Fachliteratur zeigt, dass Information, die aufgenommen und verarbeitet werden, das Denken und Handeln beeinflussen. Ein defizitorientierte Blick tendiert zum pathologisieren, was die therapeutische Arbeit nicht verbessert. Die Wahl der Literatur bestimmt letztlich auch das Denken. Diagnostiker, die sich auf die Wahrnehmung von Störungen, Defiziten und abweichendem Verhalten fokussieren, unterscheiden sich von ressourcenorientiert blickenden Therapeuten. Diese setzten auf die Fähigkeiten und Ressourcen ihrer Klienten; sie bauen ihre Therapie auf anderen Fundamenten auf.
5. RIM-Perspektive
R - Ressourcenorientiert
I - Interativ
M - Multimodal
Eine RIM-Perspektive ist ressourcenorientiert, benutzt erweiterte Möglichkeiten, kann verbal und non-verbal ansetzen und hat dabei mit den verschiedenen Sinnesorganen auch die entsprechenden Kommunikationskanäle im Blick, so dass auch mehr Ansatzpunkte für therapeutische Interventionen in den Fokus rücken können. Es geht nicht darum, Defizite auszublenden, sondern zunächst darum Ressourcen zu erkennen, auf denen aufgebaut werden kann. De Shazer zeigte 1988 auf, dass ein Paradigmenwechsel angesagt ist und öffnete die Tür zur lösungsorientierten Kurzzeittherapie. Die Resilienzforschung hat hat ebenfalls eine ressourcenorientierte Perspektive, die in der Arbeit der Bühnentänzerin und Therapeutin Yolanda Bertolaso multimodal und integrativ zur Geltung kommt: Bertolaso, Yolanda (2004) Resilienz in Pädagogik und Künstlerischer Tanztherapie. Münster: Paroli.
Einen ressourcenorientiert-integrativ-mulitimodalen Standard bietet zudem die auf die Rhythmisch-Energetische-Strukturanlyse (RES-Analyse) basierende Hörmannsche Musiktherapie.
Literatur:
Fierus, Gerd (2004) Künstlerische Therapien in der Psychiatrie.
Hörmann, Karl (2005) Musik in der Heilkunde, 1. Aufl. 2004, Münster: Paroli.
Steve de Shazer wurde zitiert aus:
Steve de Shazer (2002) Der Dreh. Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie. 7. Aufl. (1988), Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag.
2005/11/17
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