VHS-Fotoclub
Foto: Christian Nill ’Ruhe sanft’
Eröffnungsrede zur Ausstellung ENERGIE
Christian Nill
Guten Abend, meine verehrten Damen und Herren, liebe Fotofreundinnen und Fotofreunde. Ich möchte Sie stellvertretend für den Fotoclub der VHS VELBERT -HEILIGENHAUS hier begrüßen zu unserer Ausstellung zum Thema ENERGIE.
Stellvertretend in zweierlei Hinsicht: Zum einen stehe ich hier für eine hoch motivierte Gruppe von 60 engagierten Fotografinnen und Fotografen, die sich freut, Ihnen heute zu präsentieren, was wir in den vergangenen Monaten zum Thema ENERGIE auf den Film gebannt oder auf den Speicherchip geladen haben.
Stellvertretend aber auch für die 1. Vorsitzende des Fotoclubs, Birgitt Saeger, die ganz bescheiden dahinten steht und die eigentlich hier vorne stehen sollte. Wir haben es eben schon gehört. Sie hat in den vergangenen Wochen schon so viel Energie in die Vorbereitung dieser Ausstellung gesteckt und war auch beruflich sehr gefordert, dass sie mich gebeten hat, diese Aufgabe hier vorne am Pult zu übernehmen. Das tue ich natürlich gerne und ich hoffe, dass mein Akku für die nächsten Minuten durchhält.
Foto: Birgitt Saeger ’Valse brillante’
Diese Entscheidung, Birgitt, hat jedoch eine schwerwiegende Folge für alle hier, darauf muss ich Sie hinweisen. Auf eine der legendären Ausstellungseröffnungen mit Birgitt Saeger müssen wir jetzt mindestens zwei Jahre warten.
Nun zur Ausstellung. Ich lade Sie ein zu einer kleinen gedanklichen Rundreise mit dem Ziel, den Kunstgenuss beim Betrachten der Fotos zu erhöhen. Diese Reise hat vier Etappen, und ich habe sie überschrieben mit:
* Energie - das unsichtbare Wesen
* Hurra: Die Birne brennt
* Auf unser Handwerkszeug sind wir stolz
* Über Geschmack lässt sich nicht streiten
Zum ersten: Stellen Sie sich einmal vor, ich sitze hier auf dem heißbegehrten Stuhl. Mir gegenüber der Herr Jauch in der Quizshow ’Wer wird Millionär?’ Und er hat soeben die 64 000-Euro-Frage gestellt: „Wie heißt die weltberühmte Formel von Albert Einstein, in der der Begriff ENERGIE vorkommt?“ Ich erspare mir jetzt die Auswahlantworten, ziehe direkt den Publikumsjoker und frage Sie! Ich höre!
E =m c2 OK. Das hat ja schon ganz gut hingehauen. Also, in dieser physikalischen Formel wird behauptet, die Energie ist gleich der Masse. Wenn man sich das mal überlegt, was könnten eigentlich Fotografen als Thema für ihre Arbeit nehmen, dann würde wahrscheinlich jeder zustimmen und sagen:Ja gut, vor allem Masse.
Masse, Gegenstände, Dinge, -anschaulich, wahrnehmbar, sie senden Licht aus, sie reflektieren Licht und das ist das Mindeste, was wir für unsere Fotografie ja brauchen.
Masse ist also ein Thema für die Fotografie. Aber Energie? Wer hat sie schon einmal gesehen, abgebildet, beleuchtet, fotografiert, in ein Album geklebt, in einem Rahmen an die Wand gehängt?
Foto: Sigrid Seidel ’Ausser Betrieb’
Ich habe da meine großen Probleme. Energie, die große Unsichtbare Und ich hoffe, Sie können ermessen, wie kühn es war, dass der Fotoclub vor gut 1 ¾ Jahren sich gerade dieses Thema für die Ausstellung heute gewählt hat. Nun haben wir Sie ja in weiser Voraussicht – ich weiß nicht, ob das jeder so wahrgenommen hat – in unserer Einladung zu fotografischen Impressionen eingeladen.
Und das hat mich auf eine kleine Idee gebracht. Impressionen, Eindrücke. Beim Anfertigen einiger Fotos für die Ausstellung habe ich mit diesem Material hier experimentiert. Wir alle kennen das: Steckmoos aus dem Blumenladen. Die Weihnachtssaison ist gerade vorbei, aber ich vermute mal, in vielen Haushalten hat das dazu gedient, um irgendetwas drin zu befestigen. Und damit möchte ich jetzt einen kleinen Eindruck herstellen. Und dazu brauche ich jemanden– ich nehme jetzt mal den Jörg Bär. Gib bitte dein Glas ab und komm jetzt mal hier her. Lieber Jörg, Du machst jetzt für alle sichtbar hier einen Eindruck.
Einen Eindruck. Einen richtigen Eindruck. Einen guten Eindruck. Ja, mach bitte für den Fotografen den Eindruck noch mal. .... den Fingereindruck ...
Ja gut, aber für alle sichtbar: Das ist also ein Eindruck. Schönen Dank Jörg. Hier ist der Eindruck. Und wir alle sehen: Die Energie war da. Sie hat ihre Spuren hinterlassen, sozusagen ihre Visitenkarte abgegeben. Aber wer hat sie denn gesehen?
Nein. Die hat keiner gesehen. Was können wir für die Ausstellung schlussfolgern?
Das wäre ein erster spannender Auftrag für Sie: Wenn Sie nachher durch die Ausstellung gehen, achten Sie doch einmal bei den einzelnen Fotos darauf: Wo ist denn die Energie? Wo verbirgt sie sich? Wo hat sie ihre Spuren hinterlassen? Vielleicht: Wo kann man sie nur erahnen?
Foto: Roswitha Schlueter ’Heisse Flamme’
Für uns Fotografen ist ja das Auge das wichtigste Wahrnehmungsorgan. Aber wir als Menschen haben noch andere Sinne. Und so gibt es auch vielfältige Möglichkeiten Energie zu spüren und zu erleben.
Ich möchte Sie deshalb ganz bewusst und ausdrücklich auf die einzelnen Stationen des Mitmachparcours in Raum 1 hinweisen, wo Klaudia Anosike mit ihrem Team viele interessante Dinge aufgebaut hat, wo Sie Energie hautnah erleben können. Sie können erleben, was Energie mit Ihnen macht oder was Sie mit Energie machen können.
Der zweite Aspekt: Auf dem Cover des Semesterprogramms ist ja ein schöner Gegenstand zu sehen. Der Sieghard Marth, der hier neben mir steht, hat ihn fotografiert. Und Sie können das Bild im Original auch auf dem Flur in der Ausstellung sehen. Sie alle wissen, was das ist.
Foto: Sieghard Marth ’SpotLightBulb’
Und ich erzähle Ihnen jetzt ein kleines Erlebnis dazu. Vor einiger Zeit hatte ich einen Elektriker im Haus, der arbeitete oben auf der Leiter an der Zimmerdecke. Und ich bin ein sehr freundlicher Mensch und wollte ihm ein bisschen helfen. Und dann habe ich ihm diesen Gegenstand angereicht mit der Frage: „Darf ich Ihnen schon mal die Glühbirne geben?“ Und der guckte mich ganz konsterniert an und sagte: „Hier glüht keine Birne! Das ist ein Leuchtmittel!“ Zum Glück habe ich nicht gesagt: „Die Birne brennt.“ Der hätte wahrscheinlich sofort die Feuerwehr angerufen. Ja, Sie sehen: Das ist der Unterschied zwischen Fachsprache und Umgangssprache Die Fachsprache nennt den Gegenstand ’Leuchtmittel’. Ich weiß nicht, wer von Ihnen das gewusst hat, dass das Ding so heißt -Sie ist eine Sprache, die abbildet und dokumentiert, die eindeutig bezeichnet und die für technische Einsätze deshalb auch völlig in Ordnung ist.
Die Umgangssprache, die dieses Gebilde dort Glühbirne nennt, ist sehr viel kreativer und die ist lebendiger, assoziativer und sie ist an Verständigung orientiert.
Und unsere Fotografie ähnelt in dieser Hinsicht der Umgangssprache. Wir fotografieren nicht zur Dokumentation, sondern versuchen die abgebildeten Gegenstände, die wir ja auch brauchen, mit einem kreativen Blick zu erfassen. Und diese Art des kreativen Umgangs ist sehr individuell. Und das ist wiederum eine der Stärken einer Clubausstellung mit den Fotos von mehreren Fotografen: Sie werden sehr unterschiedliche Formen der Kreativität entdecken. Und das ist ein zweiter Aspekt, auf den ich Sie bitte, einmal bei Ihrem Rundgang zu achten.
Foto: Werner Zimmermann 'Rotlicht'
Ein schönes Anwendungsbeispiel will ich Ihnen gleich an die Hand geben. Da können Sie das gleich mal ausprobieren. Auf der Hitliste der abgebildeten, fotografierten Gegenstände gibt es einen klaren Sieger auf Platz 1. Und da ich mit dem Publikumsjoker schon so gute Erfahrungen gemacht habe, frage ich Sie jetzt mal wieder: „Was würden Sie denn fotografieren, wenn Sie ein schönes Bild von einem Gegenstand zur Energie machen wollen? Was fällt Ihnen ein?“
Ein Windrad. Ein Windrad. Ja für die Ökologen.
Ein Feuer. Ein Feuer, ja schön.
Tanz ...
Strommasten. Die Strommasten. Jawohl, das ist es! Die Strommasten, Hochspannungsmasten und normale Strommasten sind also tatsächlich der am meisten fotografierte und abgebildete Gegenstand auf den Fotos in der Ausstellung.
Foto: Bernd Joachim Gamroth ’Strommast’
Aber - und das ist das, was ich sagen möchte - dadurch, dass wir einen Gegenstand mehrfach fotografieren, wird es für Sie nicht etwa eintönig oder langweilig, weil sich das immer wiederholt. Sondern durch die unterschiedlichen kreativen Sichtweisen, Perspektiven und Verfremdungen ist das eine richtig spannende Geschichte. Das heißt, achten Sie einmal darauf, wie die einzelnen Fotografen ihren jeweiligen Gegenstand dargestellt haben, wie sie ihn in ihre kreative Sicht genommen haben und wie sie das hinterher zu einem Bild haben werden lassen.
Foto: Renate Schoenfelder ’Feuerzauber’
Der dritte Aspekt. Im vergangenen Jahr - und das ist auch ein Aspekt unseres Clublebens - haben wir mit einigen Clubmitgliedern eine Fahrt nach Berlin gemacht. Und wir haben natürlich nicht versäumt, uns von der zuständigen Bundestagsabgeordneten zum Besuch des Bundestages einladen zu lassen. Irgendwie wollten wir ja auch mal wieder unsere Steuergelder etwas reinholen. Und die Besichtigung der Reichstagskuppel: Das war für uns Fotografen das Highlight. Bei wunderschönem Abendlicht sind wir da rumgegangen und haben tolle Fotos gemacht. Aber damit uns das ermöglicht wurde, mussten wir zuerst das obligatorische Informationsprogramm absolvieren. Und zur Stärkung waren wir vorher ins Bundestagsrestaurant eingeladen. Ich erinnere mich nur noch an sehr mäßigen Kartoffelsalat und geschmacklich ähnlich unauffällige Berliner Buletten. Es waren auch noch andere Besuchergruppen in dem Restaurant. Und um denen zu zeigen, mit welch wichtigen Leuten sie es bei uns zu tun hatten, haben wir dann alle unsere Kameras auf einen langen Tisch abgelegt. Und das haben wir mal in einem Foto festgehalten. Ziemlich beeindruckend, oder?
Foto: Christian Nill ’Berlin’
Da liegen einige tausend Euro auf dem Tisch. Schwarze Profigehäuse aller Nobelmarken: Canon, Nikon, Sony, Leica. Das sind auch keine Fotoapparate, sondern DSLR’s. Digital-Single-Lens-Reflex-Kameras. Haben Sie den Unterschied gemerkt?
Gut. Was ich Ihnen demonstrieren wollte, das zeigt dieses Bild: Wir sind stolz auf unser Handwerkszeug, manchmal auch ein bisschen eitel. Es geht auch bei uns um die Frage: Welche Kamera hat die meisten Pixel oder Megapixel? Welches Objektiv hat die größte Brennweite? Das ist auch normal und in Ordnung. Diese guten und auch teuren Kameras sind kein Selbstzweck und sie sind auch für uns kein Statussymbol. Sondern sie sind notwendig, um handwerklich gute Fotos zu machen.
Und das ist eines unserer selbst gesteckten Ziele: Alle Fotos, die wir ausstellen, sollen, was das fotografische Handwerk betrifft, in Ordnung sein. Man sollte allerdings beachten, dass die meisten Mitglieder des Fotoclubs auf dem Weg zu diesem Ziel Lernende sind.
Aber wir unterstützen uns gegenseitig, geben Ratschläge, schlagen Verbesserungen vor. Fazit: Sie können von uns handwerklich gute Qualität verlangen, aber natürlich keine höchst professionellen Produktionen.
Ein Hintertürchen halten wir uns natürlich immer offen: Wenn irgendwo Ihrer Meinung nach etwas unscharf ist oder überbelichtet oder unterbelichtet, dann ist das natürlich gewollt. Wegen des künstlerischen Ausdrucks, versteht sich.
Foto: Gerd Fierus ’Pylon’
Ein letzter Aspekt. Wir alle kennen das Sprichwort: ’Über Geschmack lässt sich nicht streiten’. Vielleicht haben Sie auch schon mal die Fassung gehört: ’Über Geschmack lässt sich streiten’. Sicherlich lässt sich darüber streiten. Aber wir im Fotoclub tun es nicht.
Und so sollten Sie es auch in dieser Ausstellung halten. Ohne die Wichtigkeit von handwerklicher Qualität, kreativer Bildgestaltung und guter Motivwahl zu bestreiten, viel wichtiger ist Ihre Entscheidung, ob Ihnen ein Foto gefällt - oder eben nicht. Und die Geschmäcker sind ganz verschieden. Sie können das ausprobieren. Die Ausstellung bietet ihnen dazu viel Anschauungsmaterial. Es gibt Fotos, die sprechen Sie vielleicht an, begeistern Sie sogar, andere lassen Sie eher unberührt. Und bei ihrem Nachbarn ist es genau umgekehrt.
Es ist unzweifelhaft, dass man seinen künstlerischen Geschmack schulen und entwickeln kann. Der Fotoclub sieht darin auch eine wichtige Aufgabe. Wir diskutieren intensiv über unsere Fotos, machen konstruktive Verbesserungsvorschläge, besuchen gemeinsam Ausstellungen, holen uns Rat von Experten ... Und trotzdem sind die Geschmäcker verschieden. Und jeder hat ein Recht auf seinen Geschmack. Ich werde bei diesen Diskussionen immer an das Ritual bei Weinverkostungen erinnert. Vielleicht kennt das der eine oder andere. Wenn man vorher auf das Etikett geschaut hat, oder vielleicht sogar auf die Preisliste, dann ist es einfach, die vermeintlich guten Weine in höchsten Tönen zu loben: ausdrucksstarkes Bukett, faszinierendes Aromenspiel, funkelnde Farbreflexe, lang anhaltender Abgang. Sie kennen alle diese angelesenen Klischees. Und verwunderlich ist dann immer, wenn bei Blindverkostungen, wo es nur auf den Geschmack ankommt, die Weine der Discounter regelmäßig in der Spitzengruppe landen. Welche Schlussfolgerung lässt sich daraus ziehen? Sie haben ein Recht auf Ihren eigenen Geschmack. Und das gilt auch für Fotos.
Und jetzt habe ich nur noch einige Danksagungen loszuwerden. Dass eine Ausstellung wie diese realisiert werden kann, liegt natürlich in erster Linie an den engagierten Fotografinnen und Fotografen und ihrer Arbeit. Und wir tun das mit großer Freude und sind auch immer etwas stolz auf so ein Event. Wir danken dabei auch Herrn Flaßpöhler von der Volkshochschule, in deren Räumen wir uns zuhause fühlen. Und unsere Fotos zur Verschönerung des Hauses sind ein Ausdruck dieser Dankbarkeit. Speziell zu dieser Ausstellung gibt es da noch ein paar Dankeschöns. Einmal, das hat Herr Flaßpöhler schon gesagt, an die Stadtwerke Velbert. Herr Birkner ist leider nicht hier. Aber der führende regionale Energieversorger hat es sich natürlich nicht nehmen lassen, diese Ausstellung zum Thema ENERGIE ideell und auch finanziell großzügig zu unterstützen. Dafür einen Dank. Ich werde ihn dann an Herrn Birkner weitergeben. Dann die Firma Köhler-Druck. Ich weiß nicht, wo der Markus Köhler ist. Wahrscheinlich draußen. Er hat uns unentgeltlich die Einladungsplakate und Einladungskarten gedruckt und damit die Werbemaßnahmen entscheidend unterstützt. Auch hier herzlichen Dank. Und unsere beiden Fotoclubmitglieder Sigi Koezle, da vorne vor dem Fenster, und Sieghard Marth haben ohne Honorar ihre Fotos für die Einladung und das Semesterprogramm zur Verfügung gestellt. Auch das ist nicht selbstverständlich. Und dafür herzlichen Dank. Und dann hat mir Birgitt eben noch gesagt, dass ich auch die Feuerwehr erwähnen soll, die uns nämlich auch an einem Übungsnachmittag die Möglichkeit gegeben hat, mal ganz nah an das Wasser ranzukommen und auch da schöne Fotos zu machen. Dafür herzlichen Dank. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Rundgang durch die Ausstellung, entspannte Erfahrungen beim Mitmach-Parcour in Raum 1 - und Sekt gibt es sicherlich auch noch! Vielen Dank!
Christian Nill
Foto: Reni Drehmann ’Kind der Sonne’
Foto-Ausstellung ENERGIE
VHS-Fotoclub
2010/03/06
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