2007/07/19

Effiziente Musikpädagogik nach Wilfried Gruhn

Wann ist die musikpädagogische Arbeit besonders Effizient?

Wilfried Gruhn weist auf die besondere Neuroplastizität der frühen Kindheit hin: "Aus neurobiologischer Sicht sind die ersten Jahre von besonderer Wichtigkeit für die Ausreifung und synaptische Vernetzung („Verdrahtung“) des Gehirns." (Gruhn , 2005, 210)
Was in jungen Jahren gelernt wird, bietet ein wichtiges Fundament für das spätere Leben. Daher sind die fähigsten Pädagogen gerade in den frühen Entwicklungsjahren besonders gefragt - sollte man annehmen. Schön, wenn es tatsächlich so wäre!

Die erste Auflage von ‚Der Musikverstand’ erschien bereits 1997. Acht Jahre später gibt Wilfried Gruhn wertvolle Zielvorgabe zur musikalischen Bildung vor:
"Wenn das Ziel des Musikunterrichts im Erwerb musikalischer Handlungskompetenz liegt, dann bestünde musikalische Bildung darin, im musikalischen Denken autonom, im sozialen Handelns kommunikativ und im methodischen Umgang kreativ zu werden." (Gruhn, 2005, 7)

Worauf kommt es in der Musikpädagogik letztlich an?

Musik kann mit Wilfried Gruhn als eine umfassendere Sprache der Gefühle aufgefasst werden:
"Musik spricht zu den Sinnen durch Klang und Bewegung. Indem wir die Ausdrucks- und Bewegungsgesten der Musik in uns nachbilden, sei es, dass wir ihr bloß selbstversunken und konzentriert zuhören, um so viele Einzelheiten wie möglich verfolgen und erfassen zu können, sei es, dass wir uns ekstatisch dem Strom der Klänge und Rhythmen ausliefern und verzückt den Rausch der Musik genießen, befinden wir uns im Einklang mit dem, was man als intuitives Verstehen von Musik im Sinne einer umfassenderen Sprache der Gefühle bezeichnet." (Gruhn, 2005, 1)

Wilfried Gruhn schließt seine wissenschaftliche Untersuchung über den Musikverstand mit folgenden bedeutsamen Worten ab: "Gestützt auf Untersuchungen der Hirnforschung und bestätigt durch die Lernforschung kann gesagt werden, dass dann wirklich etwas gelernt wird, wenn Musik musikalisch vermittelt und gelernt wird, d.h. wenn genuin musikalische Repräsentation gebildet und nicht nur sprachliche Symbole oder motorische Abläufe trainiert werden. ..."(Gruhn, 2005, 212)

Der Forscher konkretisiert seine Forderung zur innovativen Umgestaltung der Musikpädagogik:

"Das lernende Individuum bedarf der informellen Anleitung mit einem reichhaltigen Lernangbot, aus dem es das aufgreift, und verarbeitet, was es seinem Entwicklungsstand nach braucht und kann. Eine der Sachlogik gehorchende Systematik stellt sich immer erst nach einem Lern- und Erkenntnisprozess ein und schließt diesen ab." (Gruhn, 2005, 3) Dagegen erfolge das systematische Lernen im institutionellen Kontext von Schule und Unterricht meist umgekehrt, "indem von den systematisierten Regeln als Modulen des Kenntniserwerbs ausgegangen wird." (Gruhn, 2005, 3)

Für eine effektive und effiziente Musikpädagogik sollten nach Wilfried Gruhn die Ergebnisse der aktuellen lern- und neurowissenschaftlichen Forschung umgesetzt und realisiert werden.

Literatur:
Gruhn, Wilfried (2005) Der Musikverstand. Neurobiologische Grundlagen des musikalischen Denkens, Hörens und Lernens. 2. Aufl., Hildesheim: Georg Olms Verlag.

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