2006/03/20

Zur Methode des Theaterlaboratorium von Jerzy Grotowski

1959 wurde das Theaterlaboratorium von Jerzy Grotowski in Opole (Polen) gegründet, 1965 zog es in die Universitätsstadt Wroclaw und entwickelte sich hier zu einem international anerkannten Institut zur Erforschung der Schauspielkunst.

In der Aussprache von Lyrik wie Prosa hebt Jerzy Grotowski drei Aspekte hervor:

- Rhythmus
- Phrasierung
- logische Akzente

Für einen künstlerischen Ausdruck gilt es für ihn, diese drei Aspekte in einer besonderen Art und Weise zu verweben:

"Rhythmus ist nicht gleichbedeutend mit Monotonie oder einer gleichförmigen Prosodie, sondern mit Pulsieren, Variieren, plötzlichen Wechseln. Nachdem man verschiedene logische Akzente bestimmt hat, die dem allgemeinen Plan der Interpretation entsprechen, muß man dann einen Rhythmus herstellen, der mit diesen Akzenten übereinstimmt. Man sollte jedoch selbst in der Prosa den Rhythmus nicht zum Nachteil einer formalen Logik begünstigen oder als entgegengesetztes Extrem den Rhythmus vernachlässigen, um sich ausschließlich auf den logischen Sinn des Textes zu beziehen. Der Rhythmus des Textes sollte auch nicht zerstückelt werden oder der logische Akzent durch Pausen mehr Emphase erhalten. Der logische Akzent eines Satzes darf nicht isoliert werden: Er stellt den Kulminationspunkt eines rhythmischen Stromes dar, der durch eine einzige Atmungs- und Melodiewelle hervorgebracht wird.“ (Grotowski, 1999, 186)

Worum geht es dort nicht?

"In erster Linie versuchen wir, Eklektizismus zu vermeiden und dem Gedanken zu widerstehen, Theater sei eine Zusammensetzung aus mehreren Disziplinen" (Grotwski, 1999, 13)

Worin bestehen die Ziele der Methode des Theaterlaboratoriums?

"Unsere Methode ist keine deduktive, keine Ansammlung von Fertigkeiten. Hier ist alles auf das "Reifen" des Schauspielers konzentriert, das sich durch eine Spannung bis zum Äußersten, durch eine vollständige Selbstenthüllung, durch eine Bloßlegung seiner eigenen Intimität ausdrückt - und dies alles ohne den leisesten Anflug von Egoismus oder Selbstgefälligkeit." (Grotowski, 1999, 14)

"... wir arbeiten darauf hin, die Widerstände seines Organismus gegen diesen psychischen Vorgang [Trance] zu eliminieren. Das Ergebnis ist ein Befreitsein vom Zeitsprung zwischen innerem Impuls und äußerer Reaktion, so daß der Impuls schon eine äußere Reaktion ist. Impuls und Aktion fallen zusammen." (Grotowski, 1999, 15)

"Unser Weg ist ... keine Ansammlung von Fertigkeiten, sondern die Zerstörung von Blockierungen." (Grotowski, 1999, 15)

"Wir sind da, um die Wahrheit zu sagen." (Grotowski, 1999, 264)

"Die Wahrheit ist kompliziert, vermeiden Sie also schöne Lügen." (Grotowski, 1999, 265)

Wie ist auf diesem Wege vorzugehen?

"Suchen Sie immer nach der echten Wahrheit, nicht nach der volkstümlichen Auffassung von Wahrheit. Benutzen Sie ihre eigenen, wirklichen, besonderen und intimen Erfahrungen. Das heißt, daß Sie oft den Eindruck von Taktlosigkeit erwecken müssen. Zielen Sie immer auf Authentizität." (Grotowski, 1999, 265)

"Gehen Sie Schritt für Schritt vor, aber ohne Falschheit, ohne Aktionen zu imitieren, immer mit Ihrer ganzen Persönlichkeit, mit Ihrem ganzen Körper. Als Ergebnis werden Sie eines Tages herausfinden, daß Ihr Körper begonnen hat, total zu reagieren, das heißt, daß er fast annulliert ist, nicht mehr existiert. Er bietet keine Widerstände mehr. Ihre Impulse sind frei." (Grotowski, 1999, 266)

Quelle:

Grotowski, Jerzy (1999) Für ein armes Theater. 2. Aufl. Berlin: Alexander Verlag.

Keine Kommentare:

 
blogoscoop