2006/02/28

Ergebnisse aus der Suchtforschung

Ergebnisse im Bereich stoffgebundener Suchtformen

„Empirische Studien ergaben, dass Menschen mit geringer Schulbildung häufiger nikotinabhängig sind als Personen mit hohem Bildungsgrad. Dennoch ist die geringe Schulbildung keineswegs die Ursache für die Sucht. Geringere Schulbildung geht vielmehr mit einer Reihe weiterer sozialer Faktoren einher: Sie beschränkt die Möglichkeiten der Berufswahl, begrenzt in der Regel das erzielbare Einkommen, begünstigt generell eine ungesündere Lebensweise, oder sie kann auf abweichendem Verhalten (zum Beispiel häufigen Schulschwänzen) und Schulversagen beruhen. “ (BMBF, 2004, 13f.)

“So haben Psychologen nachgewiesen, dass Kinder bereits in sehr jungen Jahren von ihren Eltern deren Konsumgewohnheiten und Umgang mit Alkohol wahrnehmen. Schon früh lernen sie, Alkohol als einen Katalysator für Geselligkeit und Spaß oder als einen „Problemlöser“ kennen. Es liegt also nahe, das für Kinder typische Nachahmungslernen als den eigentlichen Risikofaktor anzusehen.“ (BMBF, 2004, 15)

„Tatsächlich stellen frühkindliche Erfahrungen und Lernprozesse – übrigens im Hinblick auf Drogen allgemein – ein eigenes Risikopotenzial dar. Aber das Risiko des genetischen Hintergrunds beim Alkoholismus besteht dessen ungeachtet. Dies lässt sich aus den Ergebnissen von Adoptionsstudien ablesen: Adoptivkinder, bei denen mindestens ein (genetischer) Elternteil alkoholkrank war, weisen selbst dann ein erhöhtes Risiko auf, selbst zum Trinker zu werden, wenn sie seit frühester Kindheit bei nicht-alkoholkranken Adoptiveltern aufwuchsen. Aufgrund der Kombinationen und Lebensumstände, die in solchen Studien erfasst wurden, beziffern Wissenschaftler den genetischen Teil der Alkoholabhängigkeit auf 30 bis 60 Prozent.“ (BMBF, 2004, 15)

Es gibt keine Suchtpersönlichkeit
Lange suchten Psychologen und Psychiater nach „suchttypischen“ Persönlichkeitsmerkmalen. Dabei fanden sie psychische Besonderheiten, die als Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Abhängigkeit erhöhen, beziehungsweise diese im Sinn von Schutzfaktoren verringern. Nur eines fanden sie nicht: die typische Suchtpersönlichkeit. … Sucht auf der psychischen
Ebene als eine Persönlichkeitsstörung oder Schwäche zu betrachten ist unhaltbar.“ (BMBF, 2004, 15)


Das BMBF führt in diesem Artikel abschließend folgende Risikofaktoren auf, "die zumindest mit dem Suchtverhalten einhergehen" (BMBF, 2004, 16):

* Ereignisse in der Kindheit:
nicht bei den Eltern aufwachsen; Tod oder Trennung eines Elternteils, traumatische Ereignisse (etwa Missbrauch, Vernachlässigung), belastende familiäre Situation.

* Erziehung:
Überbehütung; kein konsequenter Erziehungsstil, fehlende emotionale Wärme.

* Eigene psychische Störungen:
Angststörungen; affektive Störungen; antisoziale Störungen; frühes (6- 8 Jahre) abweichendes Verhalten (etwa Gewalt, Diebstahl, Schwarzfahren, Schulschwänzen); Hyperaktivität und Impulsivität (etwa Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom).

* Persönliche Faktoren:
Extrovertiertheit; fehlende Kontrollüberzeugung (Person schließt Probierkonsum nicht aus).

* Psychische Störungen der Eltern:
affektive Störungen; Angststörungen; Drogenabhängigkeit (Nikotin, Alkohol, illegale Drogen oder Medikamente).

Quelle:
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2004) Konsum – Missbrauch –Abhängigkeit. Die Anatomie der Sucht nach Stoffen. In: BMBF Suchtforschung auf neuen Wegen. Verstehen – Helfen – Vorbeugen. S.11-16

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